Ein starkes Jahr bei Immobilien

Kundeneinlagen bei Tübinger Volksbank legen deutlich zu / Auszeichnung für Privatkundenberatung

Die historisch niedrigen Zinsen sind gut für Häuslebauer – während Sparern ihr Geld auf dem Konto wegschmilzt. Auch die Volksbank Tübingen bekommt die umstrittene Niedrigzinspolitik der EZB verstärkt zu spüren. Doch zumindest im vergangenen Jahr lief es noch richtig gut bei den Genossenschaftsbankern. Nicht zuletzt dank des boomenden Immobilienmarkts.

19.03.2016

Von Volker Rekittke

Thomas Taubenberger

Thomas Taubenberger

Tübingen. „Die Zinsspanne wird 2016 weiter nach unten gehen“, prognostiziert Volksbank-Vorstandsvorsitzender Eberhard Heim. Die Differenz aus höheren Zinsen, die Banken für Kredite und Überziehungen verlangen, und niedrigeren Zinsen, die sie ihren Kunden für Guthaben etwa auf Tagesgeldkonten oder Sparbüchern zahlen, ist nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle – jedenfalls im klassischen Bankgeschäft.

Angesichts der Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank EZB (Heim: „Was Draghi macht, ist eine Katastrophe!“) denken immer mehr Banken über Strafzinsen nach. Auch die Volksbank Tübingen? Für die „normalen Sparer und Kunden“ will Heim die „so lange wie möglich vermeiden“. Bei großen Einlagen indes kann der Volksbank-Chef Negativzinsen „nicht auf ewig ausschließen“. Überhaupt findet Heim: „Volkswirtschaftlich korrekt wäre ‚Aufbewahrungsgebühr‘.“

Doch Strafzinsen hin, Regulierungswut her: Mit dem vergangenen Geschäftsjahr sind Heim und sein Vorstandskollege Thomas Taubenberger durchaus zufrieden. Klassische Kundeneinlagen etwa auf Giro-, Tagesgeld- oder Sparkonten stiegen um knapp 10 Prozent auf 491 Millionen Euro – und das „ohne größeres Zutun“ der Volksbank. Lockangebote habe man jedenfalls nicht nötig.

Auch beim Wertpapierverkauf geht immer mehr – wenn auch noch lange nicht genug, findet Taubenberger. Angesichts der Minizinsen sollten Kunden dringend über eine Streuung ihres Vermögens nachdenken und einen Teil in Aktien und Fonds anlegen. „Wir werden keinem Kunden die Anlageentscheidung abnehmen – aber wir nennen ihm die Chancen und auch die Risiken“, so Taubenberger.

Damit die in Deutschland traditionell aktienkritische Kundschaft kompetent beraten wird, investiert die Volksbank nun schon seit eineinhalb Jahren gehörig in die Aus- und Weiterbildung der Belegschaft, schaut sich Beratungsstrukturen und Qualitätsstandards genau an. Das Ergebnis freut Heim wie Taubenberger: Bereits zum vierten Mal in Folge kürte „Focus Money“ ihre Bank zum Finanzinstitut mit der besten Privatkundenberatung in Tübingen – und erstmals auch zu jener mit der besten Firmenkundenberatung. Gemeint sind jene Tübinger Firmen, von denen Heim sagt: „Die verdienen grad richtig gut.“ Was einerseits erfreulich ist. Denn Tübingen boomt, es entstehen Jobs, Menschen verdienen Geld, das sie ausgeben oder sparen können. Aus Bankensicht weniger gut: Viele Unternehmen können ihr Wachstum –  etwa neue Maschinen – derzeit aus dem Cashflow bezahlen, brauchen also keinen Kredit.

Deutlich besser sieht’s bei den Immobilienkrediten aus – der Finanzierung von Einfamilien- und Reihenhäusern, und vor allem von Eigentumswohnungen. Sie machten 80 Prozent aller neuen Darlehen aus. Alles in allem stieg das Kreditvolumen um 3,6 Prozent auf 416 Millionen Euro, etwas geringer als im Verbandsdurchschnitt.

Apropos Immobilien: Die entsprechende Abteilung der Volksbank Tübingen erlebte 2015 „ein absolutes Rekordjahr“, so Taubenberger, die Provisionserträge sprudelten. Um satte 60 Prozent wurde der Umsatz gesteigert (auf über 11 Millionen Euro). Auch Bausparverträge sind weiter beliebt, hier nahm das Sparvolumen um 15 Prozent zu.

Was am Ende des Geschäftsjahres übrig blieb, kann sich sehen lassen: Die wichtigste Erwerbsquelle, der besagte Zinsüberschuss, trug 15,5 Millionen Euro zu den Erlösen von 20,4 Millionen Euro bei, 4,9 Millionen stammten aus dem Provisionsgeschäft. Knapp über 2 Millionen Euro Steuern zahlte die Volksbank 2015, davon 1 Million Gewerbesteuer. 4,1 Millionen wurden in die Stärkung des Eigenkapitals gesteckt. Der Jahresüberschuss betrug knapp 2 Millionen Euro.

Zugleich stiegen die Verwaltungskosten (darunter die Löhne) um 1 Million auf 12,4 Millionen Euro. Heim begründet das unter anderem mit den intensiven Mitarbeiterschulungen, Extra-Kosten für „überbordende Regulierung“ sowie der Renovierung der Filiale auf Waldhäuser Ost.

„Auch bei uns steht das gesamte Filialnetz auf dem Prüfstand“, hatte Heim auf der letztjährigen Vertreterversammlung angekündigt. Elf Filialen mit Personal gibt es aktuell. Die Ergebnisse der Überprüfung sollen nun in der zweiten Jahreshälfte bekanntgegeben werden.

Bleibt’s bei der Eigenständigkeit der Volksbank, sind Zusammenschlüsse geplant? Das will Heim nicht für alle Zeiten ausschließen, jedoch: „Aktuell laufen keine Fusionsverhandlungen.“ Archivbilder

Eberhard Heim

Eberhard Heim

Vorstand schlägt erneut Dividende von 5 Prozent vor

Nachdem Volksbank-Mitglieder jahrelang eine Dividende von 6 Prozent bekamen, wurde sie für das Geschäftsjahr 2014 erstmals auf 5 Prozent gesenkt. Das schlägt der Vorstand auch für 2015 vor. Bei der Vertreterversammlung am 11. Mai werden die aktuell 13 235 Mitglieder der Genossenschaftsbank – 280 mehr als im Jahr zuvor – in der Tübinger Hepper-Halle darüber abstimmen. Beim Personalstand verändert sich fast nichts: 139 Volksbank-Mitarbeiter/innen waren es 2014, im vergangenen Jahr dann 138 (Auszubildende jeweils inklusive). „Wir bauen kein Personal ab“, verspricht Vorstandsvorsitzender Eberhard Heim.