Ofterdingen · Tiere

Kuh Pinki: Rückkehr nach 108 Tagen Freiheit

Im Juli büxte die Kuh Pinki vom Ofterdinger Speidelhof aus. Jetzt ist die Ausreißerin unversehrt zurückgekehrt – und fühlt sich bei ihren Artgenossen pudelwohl.

13.11.2019

Von Moritz Siebert

Nach dreieinhalb Monaten ist Pinki zurück auf dem Speidelhof. Die anderen Kühe haben die Ausreißerin im Stall liebevoll aufgenommen. Auf unserem Bild mag man es ihr vielleicht nicht ansehen, aber auch Lotta (im Hintergrund) hat sich über das Wiedersehen tierisch gefreut. Bild: Klaus Franke

Nach dreieinhalb Monaten ist Pinki zurück auf dem Speidelhof. Die anderen Kühe haben die Ausreißerin im Stall liebevoll aufgenommen. Auf unserem Bild mag man es ihr vielleicht nicht ansehen, aber auch Lotta (im Hintergrund) hat sich über das Wiedersehen tierisch gefreut. Bild: Klaus Franke

Es war vergangene Woche am Freitag, als morgens um halb sechs auf dem Ofterdinger Speidelhof das Telefon klingelte. Der Kollege vom Dreherhof war dran. Bei den Kälbchen auf dem Hof stehe eine Kuh, die eindeutig nicht zu den eigenen gehöre. Handelte es sich etwa um Pinki? Um die Kuh, die im Sommer vom Speidelhof ausgebüxt war? „Wir fuhren sofort rüber“, erzählt Manuela Speidel, die mit ihrem Mann den Speidelhof betreibt. Und tatsächlich: der Rücken etwas kräftiger, der Bauch dafür schmaler, das Fell etwas dunkler, trotzdem war es eindeutig. Es war Pinki.

Ende Juli schafften es die insgesamt acht Kühe vom Speidelhof, sich aus ihrem Stall zu befreien. Über den Endelberg rannte die Herde Richtung Nehrener Friedhof. Die Polizei fing die Tiere schnell wieder ein. Nur Pinki war nicht zu fassen. Seitdem sind die Speidels beinahe jeden Tag rausgefahren in das Gebiet, in dem sie das Rind vermuteten. „Wir kennen jetzt jeden Baum beim Namen“, scherzt Manuela Speidel. Klar wäre es Zufall gewesen, sie so zu finden, meint sie. „Für unser eigenes Gefühl war es aber wichtig.“ Denn: „Dass die Kuh lebt, das war uns vollkommen klar.“ In den vergangenen Monaten haben häufig Leute auf dem Hof angerufen, die sagten, sie hätten Pinki gesichtet. Allerdings geschah das meist in der Abenddämmerung – eine schlechte Zeit, um Kühe einzufangen. Wäre Pinki nämlich betäubt in den Wald gerannt, um sich dort auszuschlafen, hätte die Gefahr bestanden, dass sie an Unterkühlung stirbt, erklärt Speidel.

Aufnahmen von Wildkameras

Sie und ihr Mann versuchten, die geflüchtete Kuh mit einem Fressgitter zu locken. Zwar habe sich Pinki angenähert, ihren Kopf aber nicht ins Gitter reingesteckt, erzählt Speidel. „Wahrscheinlich war sie zu misstrauisch.“

Hinweise darauf, dass Pinki am Leben ist, haben Speidels immer wieder bekommen. Regelmäßig ist sie etwa vor Wildkameras gelaufen. Die Jäger hätten im Gebiet, in dem Pinki lebte, immer Rücksicht genommen, erzählt Speidel, dafür sei sie sehr dankbar. Die meiste Zeit hat sich die Kuh in der Gegend am Klarasee auf Dußlinger Gemarkung aufgehalten. Häufig wurden dort in der Gegend auf Wiesen ihre Spuren entdeckt, auf denen Gülle frisch ausgefahren war. „Sie hat sich am Geruch ihrer Artgenossen orientiert“, sagt Speidel. Am Ende war es wohl auch Pinkis Nase, die sie zu anderen Rindern führte.

Seit die Kuh zurück ist, herrscht große Freude auf dem Speidelhof. Allerdings bleibt auch ein Wermutstropfen. Als Pinki den Hof verließ, war sie trächtig. Zurückgekommen ist sie ohne Kalb. Auf den Bildern der Wildkameras sei deutlich zu erkennen gewesen, dass sie ihr Kalb geboren hat, sagt Speidel. „Vom Kalb hat aber niemand etwas gesehen.“ Entweder ist es tot auf die Welt gekommen, oder Wildtiere haben es gerissen. Hinterwälder Rinder seien sehr klein, wenn sie auf die Welt kommen.

Trotz der langen Zeit in freier Wildbahn hat sich Pinki zuhause wieder schnell eingelebt. Im großen Stall, den sie mit acht anderen Kühen und Kälbern teilt, ist viel Platz. „Wir wussten ja nicht, wie die anderen Kühe auf sie reagieren und umgekehrt, wie sie reagiert“, meint Speidel. Noch spät am Abend des Tages, an dem Pinki heimkehrte, schaute sie nochmal im Stall nach, ob alles in Ordnung ist. Gleich am nächsten Morgen ging Speidel wieder raus. Aber alle Kühe lagen friedlich zusammen. „Als wäre Pinki nie weg gewesen.“ Vor allem Freundin Lotta habe sich riesig über Pinki gefreut, erzählt Speidel. Die beiden waren zur gleichen Zeit trächtig, und Lotta hat vor wenigen Wochen den kleinen Anton geboren. Eifersüchtig sei Pinki auf Lottas Mutterglück aber nicht gewesen.

Ob Pinki das Leben in Freiheit vermisst? „Ich weiß es nicht“, meint Speidel. „Aber so schnell wie sie sich wieder eingelebt hat, ist ihr die Nähe zur Herde wichtiger“, ist sie sicher. Nur am Montag, da habe sie beobachten können, wie Pinki am Zaun stand und sehnsuchtsvoll in die Landschaft blickte.

Suchaktion mit Helikopter

Auf dem Speidelhof in Ofterdingen betreibt Familie Speidel Landwirtschaft im Vollerwerb und ist auf Grünland spezialisiert. Der Hof macht Heu vor allem für den Zoohandel. Die Viehhaltung ist ein Nebenerwerb, unter anderem gibt es acht Mutterkühe auf dem Hof. Als diese Ende Juli ausbüxten, konnte sie die Polizei beim Friedhof in Nehren wieder einfangen. Bis auf Pinki, die auf der Flucht von der Herde getrennt wurde und ins Dickicht geflüchtete war. Auch Suchaktionen mit Helikopter brachten keinen Erfolg.

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Erstellt:
13.11.2019, 01:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 19sec
zuletzt aktualisiert: 13.11.2019, 01:30 Uhr

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