Verkehr

Kühn verärgert, Palmer weiter zuversichtlich

Der Bund will die Liste der Modellprojekt-Städte zur Luftreinhaltung nicht ausweiten.

24.02.2018

Von Renate Angstmann-Koch

Nimmt man den Bescheid wörtlich, kann sich die Stadt Tübingen keine Hoffnungen mehr machen, neben Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim vom Bund als Modell zur Verbesserung der Luft in Städten ausgewählt zu werden. Das geht aus der Antwort von Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, auf eine mündliche Anfrage des Tübinger Grünen-Abgeordneten Chris Kühn am Mittwoch im Bundestag hervor. „Es ist nicht vorgesehen, weitere Kommunen in den Kreis der Modellstädte aufzunehmen“, erklärte die Staatssekretärin.

Chris Kühn Bilder: Metz

Chris Kühn Bilder: Metz

Chris Kühn kritisiert die Absage scharf. Mir ihr „stößt die Bundesregierung die Tübinger Bürgerinnen und Bürger vor den Kopf. An dieser Stelle hätte ich mir auch deutlich mehr Engagement von meinen Wahlkreis-Kolleginnen und -Kollegen der Großen Koalition erwartet. Das ist intransparent nach Gutsherren-Art und willkürlichen Kriterien entschieden worden. Warum Tübingen bei solch einem Modellversuch nicht dabei ist, kann die Bundesregierung nicht beantworten.“ Sie müsse jetzt handeln und Kommunen die Möglichkeit geben, kostenlosen ÖPNV zu realisieren, fordert Kühn.

Überdies brauche man deutlich mehr Investitionen in die Schienen-Infrastruktur. Die GVFG-Mittel, also der Bundes-Zuschuss für kommunale Schienenprojekte, müssten aufgestockt werden, damit Vorhaben wie die Regio-Stadtbahn umgesetzt werden könnten. „Außerdem brauchen wir dringend eine Blaue Plakette. Nur so bekommen wir die dreckigen Diesel von der Straße und sorgen für gesunde Luft in den Innenstädten“, so Kühn.

Boris Palmer Bilder: Metz

Boris Palmer Bilder: Metz

Die fünf Städte seien repräsentativ im Hinblick auf „das Belastungsregime“ (niedrigere, mittlere oder höhere NO2-Grenzwertüberschreitung) und Größe ausgewählt worden, so Schwarzelühr-Sutter auf eine Frage des Grünen-Abgeordneten Kai Gehring. In diesen Städten würden verschiedene Maßnahmen zur Luftreinhaltung modellhaft getestet. Die jeweiligen Maßnahmen legten die Kommunen selbst fest. Der Bund hat sich also bisher nicht auf einen kostenlosen ÖPNV festgelegt.

Tübingens OB Boris Palmer, als Landtagsabgeordneter früher selbst im Parlament, reagierte gestern gelassen auf die Antwort der Staatssekretärin. „Das ist keine endgültige Aussage, sondern ein Zwischenstand“, ist Palmer, der in Tübingen den ticketfreien Nahverkehr ausprobieren möchte, überzeugt: „Ich warte erstmal ab, wie die endgültige Antwort auf meinen Brief an die drei Ministerien ausfällt.“