Der Verkehrsclub Deutschland will Fahrverbote

Kritik am „Tübus umsonst“-Konzept von unerwarteter Seite

Der VCD-Vorsitzende Frank Heuser stellt das Konzept „Tübus umsonst“ infrage: „Das Hauptproblem sind die Einpendler.“

20.02.2018

Von ST

Allmorgendlicher Stau auf der Stuttgarter Straße Richtung Lustnau.  Bild: Metz

Allmorgendlicher Stau auf der Stuttgarter Straße Richtung Lustnau. Bild: Metz

Bei der Debatte um die Einführung eines kostenlosen ÖPNV in fünf Modellstädten, darunter auch Reutlingen und Herrenberg, meldet sich nun der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) zu Wort. Laut Frank Heuser, dem Vorsitzenden der Tübinger VCD-Sektion, ist die wirksamste Methode zur Senkung der Schadstoffe in den Städten seit langem bekannt: weniger Autos, besserer ÖPNV – und die Autos, die wirklich fahren müssen, zum Zeitpunkt der Herstellung mit der besten zur Verfügung stehenden Abgasreinigung ausstatten, ohne betrügerische Abschaltvorrichtungen. Heuser: „Die Einführung der blauen Plakette könnte da helfen.“ Die aber scheue die Bundesregierung „wie der Teufel das Weihwasser“, so VCD-Vorstandsmitglied Walter Heim.

Dem von Tübingens OB Boris Palmer propagierten „Tübus umsonst“ steht Heuser kritisch gegenüber: „Bereits jetzt sind Busse und Bahnen zu den Stoßzeiten bis zur Kapazitätsgrenze abgefüllt.“ Pendler, die mit dem Zug aus dem Steinlach- oder Ammertal kommen, würden das zur Genüge kennen: Hier seien bereits gegenteilige Bewegungen festzustellen, indem sich frustrierte Bahnfahrer abwenden und wieder aufs Auto umsteigen. Vor diesem Hintergrund stellt Heim die Logik eines Gratis-ÖPNV grundsätzlich in Frage: „Und dann sollen noch mehr Pendler in die brechend vollen Züge – wie soll das gehen?“ Ein kostenloser Tübus allein werde nur begrenzt zur Entlastung beitragen, denn „unser Hauptproblem beim Verkehr sind die Tausenden von Einpendlern, die jeden Morgen mit dem PKW nach Tübingen kommen“.

Qualitätsoffensive gefordert

Nach Ansicht des VCD hilft nur eine Qualitätsoffensive im öffentlichen Nahverkehr. „Mehr Kapazitäten, dichterer Takt und möglichst umsteigefreie Fahrbeziehungen sind wichtiger, als ein Gratis-Angebot“, so Heim. Dafür sei die Regionalstadtbahn mit Innenstadtstrecke prädestiniert, denn damit könnten etwa Pendler direkt aus ihren Wohnorten im Landkreis zu ihren Arbeitsplätzen auf dem Schnarrenberg gelangen. Allerdings sei die Stadtbahn nur schrittweise über einen längeren Zeitraum realisierbar. Deshalb müsse zur Erreichung niedrigerer Schadstoff-Konzentrationen der Grundsatz gelten: „Kurzfristig Fahrverbote, so schnell wie möglich besserer ÖPNV!“