Stuttgarter OB-Wahl

Sieger Frank Nopper: Konservativer „Brückenbauer“

Frank Nopper erobert für die CDU den Oberbürgermeister-Posten in Stuttgart zurück. Im Gemeinderat trifft er auf eine öko-soziale Mehrheit.

30.11.2020

Von ROLAND MUSCHEL

Jubelnder Sieger: Der CDU-Politiker Frank Nopper wird neuer Oberbürgermeister von Stuttgart. Foto: Marijan Murat/dpa

Jubelnder Sieger: Der CDU-Politiker Frank Nopper wird neuer Oberbürgermeister von Stuttgart. Foto: Marijan Murat/dpa

Stuttgart. Wenige Stunden vor Schließung der Wahllokale postete der Christdemokrat Frank Nopper (59) am Sonntag auf Facebook noch ein idyllisches Familienfoto. Es zeigt den Kandidaten umringt von seiner Frau und den beiden erwachsenen Söhnen, garniert mit dem Aufruf, ihm doch bitte die Stimme und damit die Zukunft Stuttgarts anzuvertrauen. Das Foto ist eine Art Dankeschön, die ganze Familie hatte Flyer verteilt, Noppers Kandidatur für den Oberbürgermeister-Posten der Landeshauptstadt nach Kräften unterstützt. Es war aber auch ein Bild, das gut zu Noppers Kampagne passte, die einen neuen Zusammenhalt in Stuttgart in Aussicht stellte – und mit konservativen Stichworten arbeitete. „Versöhner und Brückenbauer“ wolle er sein, hatte der promovierte Jurist und aktuelle OB der nahe Stuttgart gelegenen 38?000-Einwohnerstadt Backnang im Wahlkampf gesagt. Er hatte als Spross einer alteingesessenen Stuttgarter Unternehmerfamilie seine „kilometertiefen Wurzeln“ in der Stadt herausgestrichen, mehr Einsatz für Sicherheit und Sauberkeit versprochen - sowie einen positiveren Umgang mit dem Automobil, das nicht nur für Staus und Feinstaub, sondern auch für viele gutbezahlte Jobs in der Landeshauptstadt steht.

Rund zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale steht fest: Mit einer eher klassischen CDU-Kampagne und der Hilfe der Konkurrenz hat Nopper den entscheidenden Wahlgang für sich entschieden und für seine Partei den prestigeträchtigen Stuttgarter OB-Posten zurückerobert. 42,3 Prozent der Wähler stimmen für ihn, 36,9 Prozent für seinen gefährlichsten Verfolger Marian Schreier. Der von Linkspartei, Fridays for Future und anderen unterstützte Hannes Rockenbauch kommt auf 17,8 Prozent. Damit kann Nopper im Januar 2021 die Nachfolge des scheidenden Amtsinhabers Fritz Kuhn (Grüne) antreten.

„Die CDU kann auch Großstadt, das haben wir heute gezeigt“, deutete CDU-Landeschef Thomas Strobl das Ergebnis, wenige Monate vor der Landtagswahl, als allgemeinen Trend für seine Partei. Im Stuttgarter Gemeinderat, wo die Grünen die stärkste Fraktion stellen, wird CDU-Mann Nopper auf eine öko-soziale Mehrheit treffen. Einerseits. Andererseits standen sich deren Kandidaten im OB-Wahlkampf selbst im Weg.

Die Hoffnungsträgerin der Grünen, Veronika Kienzle, hatte sich nach dem ersten Wahlgang aus dem Rennen genommen. Mit 17,2 Prozent hatte sie zwar das zweitbeste Ergebnis nach Nopper (31,8 Prozent) erzielt, war aber weit hinter den Erwartungen geblieben und hatte es anschließend nicht vermocht, die anderen Bewerber aus dem Mitte-Links-Spektrum für den zweiten Wahlgang hinter ihrer Kandidatur zu versammeln. Stattdessen blieben mit Schreier und Rockenbauch der Dritt- und Viertplatzierte im Rennen. „Dass sich die Mitbewerber gegenseitig blockieren, hätte man sich im besten Drehbuch nicht ausdenken können“, hatte Noppers Parteifreund, der frühere Ministerpräsident und EU-Kommissar Günther Oettinger, deshalb schon früh frohlockt.

Schreier und Rockenbauch verbuchen ihr jeweiliges Ergebnis dennoch als individuelle Erfolge. Der 30-jährige Schreier, seit fünf Jahren Bürgermeister der 4700-Seelen Gemeinde Tengen im badischen Hegau, aber bis zu seiner Kandidatur in Stuttgart praktisch ein Unbekannter, mit SPD-Parteibuch, aber gegen den Willen der Genossen angetreten, ist mit einer modernen Wahlkampagne und dem Ruf nach Veränderung einer Sensation ziemlich nahe gekommen. Gegenüber dem ersten Wahlgang (15 Prozent) konnte er sein Ergebnis mehr als verdoppeln. Rockenbauch wiederum, der sich leicht verbesserte, sieht seine Stimmen als Stimmen für seine öko-soziale Politik – und sich selbst wohl in der Rolle des künftigen Oppositionsführers im Gemeinderat.

Zum Artikel

Erstellt:
30.11.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec
zuletzt aktualisiert: 30.11.2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!