Tübingen

Konsequenzen

Geschockt reagierten Parteien-Vertreter aus der Region über die erste Wahl eines Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD in Thüringen am Mittwoch. Am selben Abend demonstrierten etwa 300 Menschen in der Tübinger Innenstadt. Die Empörung über CDU und FDP hielt auch am Donnerstag an, als Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) seinen Rücktritt ankündigte (Berichte am 6. und 7. Februar). Dazu gab es Leserbriefe.

05.06.2020

Von Jens Rüggeberg

(...) Jetzt geht es darum, die richtigen Konsequenzen aus dem Umstand zu ziehen, dass die AfD erstmals in der Lage war, Einfluss auf die Wahl eines Ministerpräsidenten zu nehmen. Das konnte sie nur, weil Politiker der selbsternannten ,bürgerlichen Mitte‘ bereit waren, mit Faschisten vom Schlage Höcke zu kooperieren.

In die richtige Richtung weist, was der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum äußerte. Ein Hauch von Weimar liege über dem Land. „Weimar“ bedeute, „dass nicht nur entschiedene AfD-Wähler auftreten in Parlamenten, sondern dass für diese Haltung auch aus der Bürgerschaft Unterstützung entspringt. (...) Der Hass und diese Neigung, Rechtsextremismus zu verharmlosen, kommt mitten aus dem Bürgertum. (...)“ Und: „Die AfD ist keine demokratische Partei.“ Sie habe das Ziel, das „System“, also die Demokratie abzuschaffen. Deshalb solle gegen sie nun ein Verbotsantrag gestellt werden. „Nach der Logik des NPD-Verfahrens müsste Karlsruhe die AfD jetzt verbieten.“

Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht urteilte, die NPD strebe zwar die Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung an; gleichwohl sei ihr Verbot nicht gerechtfertigt, denn „es fehlen hinreichende Anhaltspunkte von Gewicht, die eine Durchsetzung der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele möglich erscheinen lassen.“ (Urteil 17.1.2017) Robert Kempner, später Ankläger in Nürnberg, verfasste 1930 als Mitarbeiter des preußischen Innenministeriums eine Denkschrift über die NSDAP, in der er juristisch sauber die Notwendigkeit ihres Verbots begründete (...). Leider konnte sich Kempner nicht durchsetzen. Die Folgen sind bekannt. (...) Warten wir nicht wieder, bis es zu spät ist!