Grüne: Landesvorstand stimmt Vergleich zu

Kompromiss zwischen Palmer und Partei steht

Nach der Anhörung im Parteiordnungsverfahren gegen Tübingens OB Boris Palmer hat nun auch der Landesvorstand der Grünen dem Vorschlag des Landesschiedsgerichts zugestimmt.

24.04.2022

Von job

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Bild: Ulrich Metz

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Bild: Ulrich Metz

In einer Sitzung am Sonntag votierte der Landesvorstand einstimmig für den Vorschlag des Landesschiedsgerichts, wie der Konflikt zwischen Boris Palmer und seiner Partei beigelegt werden könne. Der Vergleich sieht vor, dass Palmer, den Teile der Grünen wegen provokanter Äußerungen in der Vergangenheit gerne ausgeschlossen hätten, seine Mitgliedschaft bis zum 31.12.2023 ruhen lässt. Das bedeutet, dass er bis dahin nicht an Abstimmungen teilnehmen und keine Ämter in der Partei übernehmen darf. Gleichzeitig verpflichten sich Palmer und die Partei, im Jahr 2023 Gespräche darüber aufzunehmen, wie Palmer zukünftig kontroverse innerparteiliche Meinungen äußern könnte „unter Beachtung der Grundsätze und Ordnung der Partei“.

Palmer stimmte schon gestern zu

Palmer hatte bereits in der Schiedsgerichtssitzung erklärt, den Vorschlag anzunehmen. Nun folgte das Okay des Landesvorstands. Per Pressemitteilung erklärten die Landesvorsitzenden Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller, die Partei habe gezeigt, dass sie in der Lage sei, „einen so komplexen Fall zielführend und gut zu bearbeiten und zu einem konstruktiven Ergebnis zu bringen.“ Man habe festgestellt, dass „Boris Palmer gegen Grundsätze und Ordnung von Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg verstoßen hat“. Gleichzeitig zeige der Vergleich einen Weg auf, künftig wieder in geordneten innerparteilichen Verfahren zusammenzuarbeiten. „So sollen gemeinsame Gespräche künftig Konflikten mit den Grundsätzen und der Ordnung der Partei vorbeugen.“

Das Verfahren war auf einen Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 8. Mai 2021 zurückgegangen: Damals hatte eine Mehrheit den Landesvorstand beauftragt, ein Parteiordnungsverfahren einzuleiten. Palmers Anerkennung des Schiedsgerichtsvorschlags sei „ein wichtiges Zeichen, auch für all diejenigen in der Partei, die in den vergangenen Jahren immer wieder durch diese Debatten aufgerieben wurden. Denn nun ist klar: Boris Palmer hat die Grenzen dessen überschritten, was wir als Partei aushalten müssen.“

Die Debatten über die Äußerungen hätten regelmäßig „politische Kräfte unserer Partei gebunden und oft wichtige inhaltliche Diskussionen überlagert“, so der Landesvorstand. Nun könne man diese Debatte hinter sich lassen und „den Fokus wieder voll und ganz auf die inhaltliche Arbeit“ richten.

Palmer zufrieden mit Vergleich

Palmer selbst hatte bereits am Morgen auf Facebook erklärt, dass er den Kompromiss für gelungen hält: „Winfried Kretschmann hat vor einigen Wochen gesagt, er sehe nicht, wer bei diesem Ausschlussverfahren etwas gewinnen solle. Das sehe ich auch so. Das Wesen eines Vergleichs ist, dass man sich nicht in vollem Umfang durchsetzt. Den Streit auf diese Weise zu beenden, scheint mir folglich sinnvoll.“

Schlauch: Keine Sanktion seines Mandanten

Am Nachmittag erklärte Palmers Anwalt Rezzo Schlauch auf Palmers Facebook-Seite, sein Mandant sei durch den Vergleich keineswegs sanktioniert worden: „Die Behauptung des Landesvorstandes, der Vergleich sanktoniere das Verhalten meines Mandanten, ist aber irreführend. Das Wesen eines Vergleichs ist es, einen Streit beizulegen. Dafür ist Entgegenkommen von beiden Seiten erforderlich. Mein Mandant stimmt zu, seine Mitgliedsrechte für einen befristeten Zeitraum ruhen zu lassen. Er wird also nicht bestraft, sondern trägt seinen Teil dazu bei, den Konflikt zu befrieden“, so Schlauch.