Pandemie

Kommt die Impfpflicht durch die Hintertür?

Die Immunisierung gegen das Coronavirus soll freiwillig sein, heißt es immer wieder. Noch unklar ist aber, ob das auch für Kundenbeziehungen, Auslandsreisen oder Arbeitsverhältnisse gilt.

28.11.2020

Von MICHAEL GABEL, HAJO ZENKER

Werden Reisen nur noch möglich sein, wenn man gegen Corona geimpft ist? Foto: Christoph Schmidt/dpa

Werden Reisen nur noch möglich sein, wenn man gegen Corona geimpft ist? Foto: Christoph Schmidt/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die Ständige Impfkommission versichern: Eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus wird es in Deutschland nicht geben. Nun hat der Chef der australischen Fluggesellschaft Quantas, Alan Joyce, erklärt, nur geimpfte Passagiere würden auf internationalen Verbindungen befördert. Kommt also die Impfpflicht durch die Hintertür? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was steht im Gesetz? Tatsächlich könnte laut dem in der vergangenen Woche beschlossenen Infektionsschutzgesetz das Gesundheitsministerium eine Impfpflicht für „bedrohte Teile der Bevölkerung“ erlassen. In Paragraph 20 heißt es, dass die Menschen an Schutzimpfungen „teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist“. Der Bundesrat muss zustimmen. Die Passage bezieht sich aber allgemein auf Infektionskrankheiten. Für den Kampf gegen das Coronavirus hat die Bundesregierung Zwangsimpfungen ausgeschlossen.

Wenn die Impfstoffe zum Beispiel bei Älteren schlecht oder gar nicht wirken, muss der Staat dann nicht doch die Impfpflicht einführen, um diese Personen zu schützen? Gerade das wohl kurz vor der Zulassung stehende Vakzin von Astra Zeneca, Nummer drei unter den westlichen Impfstofffavoriten, gilt auch bei Älteren als wirksam und gut verträglich. Deshalb ist es sehr unwahrscheinlich, dass bei ihnen keines der entwickelten Impfmittel angewandt werden kann. Die restliche Bevölkerung zwangsimpfen zu lassen, wäre also nicht nötig.

Kommt die Impfpflicht bei Urlaubsreisen? Ob Quantas mit seinem Bestehen auf den Impfnachweis Nachahmer findet, ist offen. Ebenso, ob das rechtlich durchzusetzen wäre. Die Lufthansa hat angekündigt, keine Impfnachweise zu verlangen. Ein anderes Problem könnte aber auf Urlauber zukommen: Ganze Staaten könnten nur geimpfte Reisende ins Land lassen. Gegen solche Vorschriften wird man sich rechtlich kaum zur Wehr setzen können.

Und wie ist es bei Läden und Fitnessstudios? Jede Firma habe „das Recht, sich auszusuchen, mit wem sie Verträge schließt“, sagt Steffen Augsberg, Jura-Professor und Mitglied des Deutschen Ethikrats. Zulässig seien Beschränkungen, „solange sie nicht flächendeckend“ seien.

Kann mein Arbeitgeber mich zur Impfung gegen Coronaviren zwingen? „Allenfalls für eine präzise definierte Personengruppe“ sei eine Impfpflicht zu rechtfertigen, erklärt Augsberg. „Zum Beispiel für Personal auf Intensivstationen oder in Pflegeheimen.“ Bei anderen Berufsgruppen müsse dies freiwillig geschehen.

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Erstellt:
28.11.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 07sec
zuletzt aktualisiert: 28.11.2020, 06:00 Uhr

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