Die Würde kehrt zurück
Kommentar zum Amtsantritt von Joe Biden
Selten wurde eine Amtsübergabe im Weißen Haus weltweit mit so viel Erleichterung verfolgt.
Donald Trumps US-Präsidentschaft ist Geschichte. Dass sie mit dem Kapitol-Sturm, den Massen-Begnadigungen von Getreuen und dem Schwänzen der Übergabezeremonie ein unrühmliches Ende fand, passt zu Trumps ganzer Amtszeit.
Waren früher neue US-Präsidenten mit überbordenden Erwartungen konfrontiert, hat Joe Biden das Glück, einfach nur ein normaler Amtsträger sein zu müssen. Menschliche Regungen jenseits der Trumpschen Wut und Aggression hat man an dieser Position lange vermisst. Mehr noch: Mit Joe Biden kehrt die Würde zurück in das Amt, das von seinem Vorgänger für eine gigantische Ego-Show missbraucht wurde.
Ob ihm die viel beschworene Heilung des gespaltenen Landes gelingen kann, ist offen. Bidens Amtszeit beginnt mit neuen Zerwürfnissen, von denen das Impeachment-Verfahren gegen seinen Vorgänger nur eines ist. Um dieses Kapitel wirklich hinter sich zu lassen, stünde Biden ein mächtiges Werkzeug zur Verfügung: die Begnadigung Trumps. Aber das wäre wahrscheinlich dann doch zu viel verlangt.