Landwirtschaft

Kommentar: Wütend, weil einsam

Die Landwirte protestieren gegen die Regierung und die mächtigen Lebensmittelkonzerne. Das ist nachvollziehbar. Etwas ändern wird sich aber erst, wenn die Politik sich deren Marktmacht annimmt.

20.01.2021

Von DOMINIK GUGGEMOS

Berlin. Viele Landwirte in Deutschland sind wütend und halten mit dieser Wut auch nicht hinterm Berg. Ziel ihrer öffentlichkeitswirksamen Proteste sind die Bundesregierung – und immer häufiger auch der Lebensmittel-Einzelhandel. Beides ist nachvollziehbar. Die Bäuerinnen und Bauern sehen sich übermächtigen Gegnern gegenüber, fühlen sich alleine gelassen. Eine Verbesserung ihrer Lage ist nicht im Sicht, ganz im Gegenteil.

Kaufland übernimmt im Laufe des Jahres 92 Standorte von Real, Edeka wohl weitere 72. Die vier großen Konzerne Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe, also Lidl und Kaufland, dominieren den Markt im Lebensmittel-Einzelhandel schon jetzt – und lassen das die Landwirte bei jeder Verhandlung um Preise und Lieferbedingungen auch spüren. Das Kartellamt unternimmt gegen diese Marktkonzentration zu wenig. Es handele sich nicht um ein Oligopol, weil es viel Wettbewerb zwischen den großen Vier gebe, ist die Argumentation für die Untätigkeit. Das ist allerdings nur richtig, wenn man den Blick auf die Verbraucher richtet. Die Landwirte als Produzenten sehen sich sehr wohl einem Oligopol gegenüber – mit all den Nachteilen, die in einer Marktwirtschaft daraus entstehen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat angekündigt, den Bauern bei den Lieferbedingungen gesetzlich unter die Arme greifen zu wollen. Kurzfristige Stornierungen und langfristige Zahlungsziele sollen verboten werden. Das ist zu begrüßen, bekämpft allerdings nur die Symptome. Das strukturelle Problem liegt in der Marktmacht der Konzerne. Solange die Politik sich nicht traut, dagegen vorzugehen, werden die Bauern alleine bleiben.