Die Lust auf den Abenteuerpark Schloss Lichtenstein hält an

Kletterpartie zum Jubiläum · Ein Selbstversuch in acht Metern Höhe

Wackliges Abenteuer: Seit zehn Jahren wagen sich die Besucher des Abenteuerparks Schloss Lichtenstein in luftige Höhen. Zum Geburtstag riskiert das TAGBLATT einen Selbstversuch.

07.08.2016

Von Marc Pfitzenmaier

Schwankende Platten in luftiger Höhe: Wer den Kletterpark bei Schloss Lichtenstein meistern will, darf keine Höhenangst haben.Bild: Faden

Schwankende Platten in luftiger Höhe: Wer den Kletterpark bei Schloss Lichtenstein meistern will, darf keine Höhenangst haben.Bild: Faden

Ein falscher Schritt in acht Meter Höhe – und der Sturz ist unvermeidlich. Das Sicherungsseil verhindert allerdings den tiefen Fall. Nervenaufreibend ist die Situation aber allemal – wie sehr, das will ich als absoluter Kletterneuling am eigenen Leib erfahren. Deshalb mache ich mich auf den Weg zum Abenteuerpark Schloss Lichtenstein. An grünen Wiesen und weiten Feldern entlang schlängelt sich die schmale Straße über bewaldete Serpentinen bis zum Eingang, wo bereits mehrere Reisebusse abgestellt sind. An der Schlossschenke vorbei geht es zum Abenteuerpark, der sich mitten im Wald zwischen Baumkronen und grünen Zweigen verbirgt.

Der Klettergarten fügt sich in diese Umgebung wie eine natürliche Erweiterung des dichten Blattwerks: Kein abgesägter Baumstumpf, keine abgerissenen Äste oder Sträucher – die Anlage wirkt urwüchsig inmitten des dichten Buchenwaldes.

Vor allem Jugendliche tummeln sich an diesem sonnigen Nachmittag auf den hölzernen Plattformen, rufen einander zu und meistern konzentriert die wackligen Parcourswege. Viele Schulklassen seien unter der Woche oder während der Schulferien im Park, erzählt Betreiber Axel Prasser. Paare, Familien, Vereine und Firmen gehören ebenfalls zu den Besuchern – viele davon sind ausländische Touristen oder Angestellte der US-Streitkräfte in Stuttgart. An abenteuerlustigen Gästen mangelt es wegen des schönen Sommerwetters jedenfalls nicht.

Als ich den Klettergurt angelegt habe, weist mich der Chef persönlich ein und gibt mir Tipps für die perfekte Kletterpartie. Was zunächst mal beruhigt: Abstürzen ist nicht möglich, denn ein Sicherungssystem verbindet den Kletterer fest mit Stahlseilen, die den gesamten Parcours entlanglaufen. Bruder Angst lässt sich allerdings nicht von einem Karabiner beeindrucken, deshalb ganz wichtig: „Kletterstress ist nur Kopfsache.“ Meint zumindest Prasser. Das gilt besonders für mich, denn ich steige gleich etwas übermütig in eine der Routen mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad ein.

Über eine Leiter erklimme ich die erste Plattform und klettere anschließend über einen griffbesetzten Holzbalken noch weiter nach oben. Auf dem Mini-Plateau angekommen, gilt Einsteins Theorie: Von hier oben wirkt, relativ gesehen, die geringe Entfernung zum Boden beängstigend groß. Ich werfe neidische Blicke auf die übrigen Anfänger, die am Boden Trockenübungen machen und dabei sichtlich Spaß haben. Als ich nicht gleich die richtige Stelle, finde um meinen Karabiner ins Seil einzuhaken, ruft mir Prasser vom Waldboden aus Anweisungen zu.

Seine Expertise beruhigt mich – der Mann hat Ahnung. Nicht umsonst, denn er betreibt seit 10 Jahren den Abenteuerpark in Lichtenstein und hat am Bodensee den ersten deutschen Klettergarten überhaupt gebaut. Das ist mittlerweile schon 13 Jahre her. Damals hatte ein Bekannter aus der Tourismusbranche den Vorschlag für einen Park in Deutschland gemacht. „Ich hab erstmal nein gesagt“, sagt der gelernte Holzingenieur heute lachend. Letztlich setzte er die Idee in Immenstaad am Bodensee doch um – und später folgte der Abenteuerpark Schloss Lichtenstein auf der Alb. Den will ich heute bezwingen.

Perfekt gesichert schaue ich vom Plateau in die Tiefe, visiere die schmalen Holzplanken an, über die man zur nächsten Ebene gelangt, atme tief durch und mache den ersten Schritt. Mit beiden Händen klammere ich mich gleichzeitig an die Stricke zu meiner Seite und bewege mich mit wackligen Schritten vorwärts – links, rechts, ganz langsam, nochmal links, geschafft!

Erleichtert setze ich meinen Fuß auf die Plattform und stelle mich der nächsten Herausforderung: Ein langes Drahtseil, das sich nur mit viel Balance und Ausdauer überwinden lässt. In einigem Abstand voneinander baumeln Seile von oben herunter, die ich schnell und sicher packen muss – sonst stürze ich sofort ins Sicherungsseil. Angespannt schiebe ich mich weiter nach vorne, greife hektisch nach den herabhängenden Seilen. Das letzte verpasse ich beinahe, bekomme es aber doch noch mit den Fingerspitzen zu fassen. Wieder eine Prüfung bestanden!

Wieder eine

Prüfung bestanden

Erfolgserlebnisse machen mutig: Die anfängliche Furcht ist überwunden, ich genieße meine Kletterpartie und meistere fast ohne Blessuren den ausgeklügelten Parcours. Das dauert gut eine Stunde. Dann brause ich mit einer Seilrutsche zurück Richtung Erdboden, wo grinsende Schüler sich bereits aus ihren Klettergurten befreien. Auf dem Weg zurück zum Eingang treffe ich Alexander Mack. Er arbeitet hier schon von Beginn an und kann einiges über den Abenteuerpark erzählen. „Am Anfang gab es einen richtigen Boom“, sagt der 27-Jährige.

Danach schwankte der Besucherandrang immer mal wieder, mittlerweile habe es sich dann eingependelt. Genau wie er sind die meisten Angestellten hier Schüler und Studenten, die sich nebenbei im Park etwas dazuverdienen. „Die frische Luft, die Bewegung, der Kontakt zu den Leuten, das ist genau meins“, sagt Mack.

Zurück am Eingang treffe ich mich wieder mit Betreiber Prasser. Wie denn Schloss, Abenteuerpark und Schlossschenke zusammenpassen, frage ich ihn. Das funktioniere alles gut nebeneinander, sagt er. Man helfe sich gegenseitig, wo man nur könne. So kommt es schon mal vor, dass der Inhaber der Gaststätte mit dem Traktor anrückt, um beim Aufrichten schwerer Parcoursteile zu helfen. Genau wie es sich beim Klettern gehört: Einer sichert den anderen.

So langsam schwindet das Sonnenlicht, die Dämmerung zieht auf. Zeit, meinen Tag im Abenteuerpark zu beenden. Bevor ich gehe, nehme ich mir fest vor: Bis zu meiner nächsten Kletterpartie sollen keine weiteren zehn Jahre vergehen.

Hochseilgarten-Betreiber Axel Prasser (links) erklärt TAGBLATT-Hospitant Marc Pfitzenmaier, wie er sich bei der Kletterpartie am besten sichert.Bild: Faden

Hochseilgarten-Betreiber Axel Prasser (links) erklärt TAGBLATT-Hospitant Marc Pfitzenmaier, wie er sich bei der Kletterpartie am besten sichert.Bild: Faden

Zehn Jahre klettern im Abenteuerpark Schloss Lichtenstein

Zehn Parcours mit über 200 Stationen mit unterschiedlichen Höhen- und Schwierigkeitsgraden bieten sowohl Anfängern als auch ambitionierten Kletterfans Herausforderungen unter den Baumwipfeln. Zum 10. Geburtstag präsentiert der Kletterpark den Besuchern das ganze Jahr über verschiedene Aktionen: Beim Kisten-Hochstapeln können Freikarten für den Park gewonnen werden – wer den Rekord bricht, gewinnt sogar 50 Euro. Bis zum 11. September ist der Park täglich zwischen 9 und 19 Uhr geöffnet. Vom 12. September bis 28. Oktober kann montags bis freitags von 12.30 bis 18.30 Uhr geklettert werden. Samstags, sonntags und an Feiertagen ist er von 10 bis 18.30 Uhr geöffnet. Infos unter www.abenteuerpark-schlosslichtenstein.de im Internet.