Wendelsheim · Programmieren

Kinder lernen zweckgebunden

Die Wendelsheimer Grundschüler sahnen seit Jahren bei zahlreichen Wettbewerben ab. Dahinter steckt eine Deutschlehrerin mit ungewöhnlicher Vorbildung.

22.05.2019

Von Peter Strigl

Als Preis für eine Fotostory über Zivilcourage durften Heidi Haafs (Zweite v.l.) Viertklässler nach Bonn. Privatbilder

Als Preis für eine Fotostory über Zivilcourage durften Heidi Haafs (Zweite v.l.) Viertklässler nach Bonn. Privatbilder

Weihnachten ist nur einmal im Jahr. Und immer nur Rentiere und Elfen sind auch nicht genügend Gesellschaft für den Weihnachtsmann. So sehen das zumindest die Wendelsheimer Grundschüler. Deswegen veranstalten sie ein virtuelles Casting für Santa Klaus: Im Minispiel „Weihnachtsmann sucht Frau“, muss der Spieler eine passende Partnerin für den bärtigen Nordpol-Bewohner auswählen.

Das Spiel ist Teil eines selbst programmierten Adventskalenders der Viertklässler, mit dem sie beim Schülermedienpreis den zweiten Platz in der Kategorie 6 bis 12 Jahre abgeräumt haben. „Dabei war das gar nicht als Wettbewerbsbeitrag geplant“, berichtet Klassenlehrerin Heidi Haaf. Doch nachdem die Rektorin sie darauf hingewiesen hatte, wollten die Kinder unbedingt mitmachen.

Zur Preisverleihung am 10. Mai konnte die Klasse dann allerdings nicht erscheinen: Die Schüler waren in Bonn, wo sie die Bundeszentrale für politische Bildung besuchten. Deren Wettbewerb hatten die Viertklässler mit einer Fotostory über den Unterschied zwischen Petzen und Hilfe holen gewonnen. Das sind bei weitem nicht die einzigen Erfolge der Kinder. Schon bald steht die nächste Ehrung an, über die Haaf jedoch noch nichts verraten will. Die vielen Ideen und das für Grundschüler erstaunliche Know-how stammen aus der Multimedia-AG, die Haaf vor mehr als 20 Jahren gegründet hat. „Deswegen haben wir dieses hohe Niveau“, meint die 58-Jährige. Sie selbst ist eigentlich Deutsch-, Sachkunde und Kunstlehrerin, doch nach abgeschlossenem Studium fand sie keine Stelle an einer Schule. Also ließ sie sich bei IBM zur EDV-Fachfrau ausbilden. „Das hat mir die Angst genommen, mit solchen Maschinen zu arbeiten.“

Zwischen diesen Damen kann der Weihnachtsmann sich entscheiden. Privatbilder

Zwischen diesen Damen kann der Weihnachtsmann sich entscheiden. Privatbilder

Von den Maschinen gab es aber erstmal nur eine, als Haaf schließlich an der ehemaligen Wendelsheimer Hauptschule eingestellt wurde. Die Schüler mussten sich abwechseln. Doch schon nach kurzer Zeit kamen drei weitere hinzu – Preise aus dem ersten Wettbewerb „Siemens Join Multimedia“. Außerdem durfte die damalige Klasse auf die 2000er Expo nach Hannover, wo sie mit einer der ersten Digitalkameras Fotos machte. Und schon 2002 gewann die Multimedia AG ihren ersten Laptop. „Der funktioniert heute immer noch“, sagt Haaf.

Wie man die Kleinen ans Programmieren heranführt, musste Haaf auch erst herausfinden: „Kinder lernen zweckgebunden“, weiß sie inzwischen. Um ihnen die Funktionen eines Programms nahezubringen, müsse man ihnen ein Ziel setzen, für das sie diese Funktionen brauchen. Im Falle von Word bedeutet das etwa: einen Brief an die Eltern verfassen. „Ich mach EDV nie um ihrer selbst Willen“, erklärt Haaf.

Wenn die Viertklässler Wendelsheim im Herbst in Richtung weiterführender Schule verlassen, „werden sie erstmal in ein Loch fallen“, vermutet Haaf. Schließlich gibt es an den wenigsten Schulen passenden Anschlussunterricht für IT-technisch derart versierte Unterstüfler. „Aber die sind dann sowieso erstmal beschäftigt mit anderem“, glaubt Haaf.

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Erstellt:
22.05.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 24sec
zuletzt aktualisiert: 22.05.2019, 01:00 Uhr

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