Tübingen/Reutlingen

KI-Park: Unverständnis nach Entscheidung gegen die Region

Zuschlag für Heilbronn: Tübingen und Reutlingen gehen erstmal leer aus.

27.07.2021

Von itz

Das Tübinger Cyber Valley ist bereits bekannt für seine KI-Forschung. Bild: Ulrich Metz

Das Tübinger Cyber Valley ist bereits bekannt für seine KI-Forschung. Bild: Ulrich Metz

Was das TAGBLATT bereits in der vergangenen Woche berichtet hatte, ist seit Dienstag offiziell: Das Land hat die mit 50 Millionen Euro geförderte Realisierung eines Innovationsparks für Künstliche Intelligenz (KI) nach Heilbronn vergeben. Damit setzte sich der Heimatkreis von Innenminister Thomas Strobl (CDU) gegen vier Mitbewerber durch, unter anderem gegen die gemeinsame Bewerbung von Tübingen, Reutlingen, Stuttgart und Karlsruhe.

Für die Region Tübingen/Reutlingen ist die Entscheidung eine herbe Enttäuschung. Tübingens OB Boris Palmer (Grüne) hatte diese bereits am vergangenen Samstag gegenüber der „Südwest Presse“ kritisiert. „Hier sitzt bereits geballte Expertise in Sachen KI und diese Standortfaktoren nicht zu nutzen, ergibt keinen Sinn“, teilt nun auch die Tübinger Landtagsabgeordnete Dorothea Kliche-Behnke mit, zugleich wissenschafts- und forschungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. „Stattdessen entscheidet sich das Land für eine Lösung auf der grünen Wiese mit einem großzügigen Kapitalgeber.“

„Der Ausgang überrascht mich, denn nach allen mir bisher nachvollziehbaren Kriterien wäre der Verbund aus unserer Region mit Karlsruhe und Stuttgart weit vorne. Hier ist die Kompetenz für Künstliche Intelligenz gebündelt, und die drei Standorte haben ein überzeugendes Kooperationsprojekt präsentiert“, sagt der Reutlinger Landtagsabgeordnete Thomas Poreski (Grüne). „Ich werde mir daher die Gründe für die Entscheidung im Nachgang intensiv erläutern lassen.“

Weshalb das Land gerade in diesen Zeiten die Bebauung von freien Flächen einer teils bestehenden Infrastruktur mit dem Cyber Valley in Tübingen oder dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vorzieht, ist vielen unverständlich. In einer Mitteilung lässt sich Minister Strobl zitieren: Heilbronn habe „genügend Bauland, zum Großteil sogar in städtischem Besitz“. Und das Engagement des Privatinvestors der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) „schont den Steuerzahler“, so Strobl.

Auf Nachfrage sagt eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums: „Flächenverbrauch ist bei allen Großprojekten ein zentrales Thema. Klar ist aber auch: Innovation und innovative Projekte brauchen auch Flächen. Die Investitionslücke im Bereich KI wird sich ohne Inanspruchnahme von Flächen nicht schließen lassen.“ Der neue Innovationspark solle gerade beim Thema Nachhaltigkeit Maßstäbe setzen. Außerdem, so die Sprecherin, „können auch kurze Wege zur Ressourcenschonung beitragen“.

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sieht „ein inhaltlich ausgezeichnetes, nachhaltiges sowie wirtschaftlich und finanziell tragfähiges Gesamtkonzept“ hinter der Heilbronner Bewerbung. Klimaschutz und Nachhaltigkeit hätten eine Rolle gespielt, „es sind innovative Hochgaragenkonzepte angedacht, wesentliche Gebäudeteile sollen in einer Hybrid-Holzbauweise errichtet werden und Recyclingbeton soll Verwendung finden“, wird Hoffmeister-Kraut zitiert.

Das Konsortium, so heißt es in der Mitteilung des Wirtschaftsministeriums weiter, sei offen für weitere Kooperationen, „insbesondere auch mit dem Cyber Valley in Tübingen“. Von einer finanziellen Förderung für die unterlegenen Bewerber ist seitens des Landes nun nicht die Rede. Denkbar wäre, im Haushalt 2022 Mittel für einen weiteren KI-Park bereitzustellen. „In einem ersten Schritt werden wir nun aber zunächst mit allen Teilnehmer-Konsortien des abgeschlossenen Wettbewerbsverfahrens sprechen“, sagt die Ministeriumssprecherin. Dabei soll ausgelotet werden, „wie wir in Baden-Württemberg über das aktuelle Wettbewerbsverfahren hinaus den aufgekommenen Schwung nutzen und für die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts einsetzen können“. Sowohl Kliche-Behnke als auch Poreski kündigen an, sich für Mittel für das Projekt in der Region einzusetzen.

Zur Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums.

Zur Pressemitteilung des Innenministeriums.

Stellungnahme von Reutlingens OB Thomas Keck

„Ich gratuliere Heilbronn und meinem Amtskollegen Harry Mergel, den ich sehr schätze, zu dieser Förderung. Natürlich bin ich andererseits aber auch enttäuscht, denn die Spitzenforschung im Bereich KI sitzt in den Regionen unseres Konsortiums. Ebenso vereinen die Regionen eine sehr starke Wirtschaftskraft. Die von uns angedachten Flächen sind in integrierter – teilweise urbaner Lage – und ideal geeignet für Start-ups und etablierte Unternehmen. Rt-Unlimited ist hierfür ein besonderes Beispiel der Reaktivierung einer Brachfläche. Ich setze darauf, dass andere Möglichkeiten durch das Land aufgezeigt werden.“

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Erstellt:
27.07.2021, 15:10 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 27.07.2021, 15:10 Uhr

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