Tübingen

Junge Kunst aus Schokolade

17 Nachwuchs-Konditorinnen zeigten auf der Chocolart schokoladige Kunstwerke. Am Sonntag war die Preisverleihung.

10.12.2018

Von Monica Brana

Franziska Weiler (vorne) gewinnt den Konditorinnen-Wettbewerb, während hinter ihr mit den Urkunden die Zweit- und Drittplatzierten Julia Seeger und Benita Mattes (von links) staunen. Bild: Klaus Franke

Franziska Weiler (vorne) gewinnt den Konditorinnen-Wettbewerb, während hinter ihr mit den Urkunden die Zweit- und Drittplatzierten Julia Seeger und Benita Mattes (von links) staunen. Bild: Klaus Franke

„Wir sind weiter als die Politik“, scherzte Johannes Becker angesichts der 17 weiblichen Konditorenlehrlinge, die am Sonntagnachmittag nervös im schokoladig duftenden Foyer des Rathauses standen. Dort versammelte der Vertreter des Landesinnungsverbands des Konditorenhandwerks Baden-Württemberg am Sonntagnachmittag unter anderem noch Antenne 1-Radiomoderator Oliver Ostermann und etwa 50 Besucher um sich, die sich die Siegerehrungen des Wettbewerbs, nicht entgehen lassen wollten. Der belebte unter dem Motto „PUR Chocolate – Christmas Dream“ während der vergangenen Tage immer wieder den Marktplatz.

Auf einer großen Tafel standen aufwendig hergestellte Kunstwerke aus Schokolade, manches mit einem Rentier, manches mit einem Weihnachtsbaum verziert, doch wirkten sie alle mit viel Liebe gemacht. Den dritten Platz und 150 Euro Preisgeld erlangte Benita Mattes. Ihre schokoladige Skulptur bestand aus mehreren aufeinander gestapelten Kugeln, an denen etwa ein Schlitten, eine Schleife und eine Nussknacker-Figur montiert waren. „Sehr viel Arbeit“ sei das gewesen, sagte die 18-Jährige.

Der zweite Preis ging an Julia Seeger. Sie ließ einen langen Tannenbaumstamm durch eine Schokokugel wachsen. Im Gespräch mit einer Freundin sei sie auf die Idee mit der Christbaumkugel gekommen, sagte sie.

Die Gewinnerin des Tages, die auch zugleich die meisten Publikumsstimmen eingeheimst hatte und mit zwei eingerahmten Urkunden und zwei Blumensträußen alle Hände voll zu tun bekam, war die 21-jährige Franziska Weiler. Viel sei zunächst schiefgegangen, als sie sich in zahlreichen Anläufen an Schokoladenmäusen, Mini-Zügen und kleinen Schellen versuchte. Mit ihrer Mutter habe sie etwa Nüsse gesammelt und damit einen Silikon-Abguss gemacht, der anschließend als Form für die zahlreichen Schokoladen-Nüsse diente, die sich auf dem künstlichen Tortenboden verteilten.

Sie habe ihre Lehre bei einer Stuttgarter Patisserie erst im September begonnen und sei direkt ins zweite Lehrjahr eingestiegen, sagte Weiler dem TAGBLATT. Zuvor habe sie Chemie studiert. Das Nussknacker-Ballett habe sie auf die Idee gebracht, einen großen Nussknacker aus einem selbstgegossenen Schokoladenblock zu schnitzen.

„Nie aufgeben“, habe ihre Devise gelautet, als etwa das warme Wohnzimmer ihrem Schaustück den schmelzenden Garaus machte und sie nach Feierabend erst in den kühlen Büroräumen ihrer Eltern ohne Zwischenfälle weiter an ihrem Werk laborieren konnte. Wie man Schokolade temperiert, stehe bei ihr erst im nächsten Lehrjahr auf dem Ausbildungsplan, daher habe sie sich alles selbst erarbeiten müssen. Mit einem Pappmodell habe sie geprüft, ob ihr Schaustück standfest bleibt. „Wenn’s aus Pappe funktioniert, funktioniert’s auch aus Schokolade“, stellte sie fest.

Seit Ende Oktober hätten sie Zeit gehabt, sich etwas zum Thema auszudenken und ein funktionierendes Kunstwerk zu schaffen, erklärte Wettbewerbsteilnehmerin Tabea Ulrich. Die 17-Jährige ist im zweiten Lehrjahr bei einem Stuttgarter Restaurant. Im Betrieb hätte sie bereits gelernt, wie man Pralinen herstellt, daher sei ihre als riesige Zuckerstange getarnte Schokoladenkreation bald geglückt. „Ich wollte, dass es in die Höhe geht“, sei ihr Anspruch gewesen. Beim Einpacken nach der Siegerehrung sollte sich das als fatal erweisen, das Schaustück zersprang in seine Bestandteile, bevor es draußen durch den Regen zum weit entfernt geparkten Auto getragen werden konnte.

Nach den letzten Klängen der Folk-Band Dievagari, die ihrem Publikum mehrfach einheizte, erklärte Becker dem TAGBLATT, wie man Schokolade isst. Zehn Sekunden lang temperiere er mit Zungendruck gegen den Gaumen ein Stück Schokolade, zerreibe es dann, und lasse die Masse bei leichtem Zungenbewegen den Rachen hinablaufen. Beim Brechen der Schokolade stelle er Eigenschaften wie etwaige Zuckerdominanz bei billigen Schokoladen fest und entscheide dann: die ist gut oder eben nicht.

Chocolart: Über 250 000 Besucher

An die 300 000-Besucher-Marke aus den beiden Vorjahren kam das 13. Schokoladen-Festival in diesem Jahr nicht heran. „Eine stolze Zahl“ verkündete Chef-Organisator Hans-Peter Schwarz trotzdem, kurz bevor gestern um 18 Uhr die Zelte geschlossen haben: „Ich denke, wir haben die Viertelmillion wieder geknackt.“ Das Wetter habe zum Auftakt am Dienstag und am Sonntag nicht mitgespielt. Schwarz räumte aber ein: „Zum Teil war es so auch entspannter als in den letzten beiden Jahren.“ Zufrieden gab er sich dennoch. Die Rückmeldungen der Chocolatiers seien positiv, der Tourismus boomt: „Man hört auf dem Markt eine weltweite Stimmenvielfalt“, sagte Schwarz. Und der Sozialpartner der Evangelischen Schulseelsorge hatte seine Lebkuchen schon am Samstag alle verkauft.