Jugend ohne Gott

Jugend ohne Gott

Verfilmung des Romanklassikers von Ödön von Horváth über einen Mord unter Schülern, versetzt in eine dystopische Zukunft.

03.05.2017

Von Iris Auding, dpa

Nur Erfolg und Effizienz zählen, Konkurrenz und Klassen bestimmen die Gesellschaft. Die Jugendlichen Zach, Nadesh und Titus gehören bereits zur Elite. In einem Zelt-Camp sollen sie ihre Fähigkeiten beweisen und möglichst viele Punkte sammeln, um für die Universität ausgewählt zu werden. Ein gnadenloser Wettkampf beginnt. Nacheinander wird der Film aus Sicht der drei Protagonisten erzählt. Eine Schlüsselrolle kommt auch dem Lehrer (Fahri Yardim) zu, der die Dinge zwar durchschaut, aber erst am Schluss die Kraft zur Wahrheit findet.

Der Film „Jugend ohne Gott“ des Schweizer Regisseurs Alain Gsponer lehnt sich lose an den gleichnamigen, unter den Nazis verbotenen, anti-faschistischen Roman Ödön von Horváths (1901 bis 1938) an.

Zu Beginn des Zeltlagers, das in einem Wald in den Bergen liegt, wird allen Teilnehmern ein Chip eingepflanzt. Immer wieder schwebt eine Drohne in der Luft und zeichnet alles auf. Ständig werden Körperdaten erhoben, auch die psychische Verfassung wird analysiert. Zach (Jannis Niewöhner) kommen Zweifel an der Realität, die ihn umgibt. Er erkennt, dass die angeblich gleichen Chancen für alle nur leeres Gerede sind. Nach dem Suizid seines Vaters schreibt er seine Gedanken in ein Tagebuch. Nadesh (Alicia von Rittberg) verkörpert den Typus der ehrgeizigen, fleißigen und etwas naiv wirkenden Schülerin. Titus (Jannick Schümann) übernimmt den Part des kalten Technokraten, der für einen Erfolg über Leichen geht.

Die Jugendlichen müssen sich im Orientierungslauf, beim Überqueren eines Gebirgsbaches und beim Klettern an einem Steilhang beweisen. Dabei passiert ein schwerer Unfall, es geht um Leben und Tod. Das erinnert, wenn auch entfernt, an die Fantasy-Saga „Tribute von Panem“, in der sich Jungen und Mädchen auf Befehl eines Diktators gegenseitig töten sollen - live übertragen im Fernsehen.

Außerhalb des Camps, das in einer besonderen Zone liegt, leben die sogenannten Illegalen, die von der elitären Gesellschaft ausgeschlossen sind. Die Leiter des Zeltlagers, unter ihnen die Psychologin Loreen (Anna Maria Mühe), informieren die Jugendlichen über „Kriminelle im Wald“, zu denen der Kontakt verboten sei. Ewa (Emilia Schüle) gehört zu diesen Randexistenzen, sie stehlen Lebensmittel und Kleidung aus dem Camp. Zach begegnet Ewa zufällig, er ist fasziniert von dem anscheinend freien, aber auch prekären Leben. Als Nadesh die beiden entdeckt und überrascht, kommt es zum Showdown.

„Jugend ohne Gott“ ist hochkarätig besetzt, die Schauspieler überzeugen, ebenso die Ästhetik. Dem fast zweistündigen Film hätte aber eine gewisse Straffung gut getan, auch ein anderer Titel als der des Romans wäre passender gewesen. Die aufgeworfenen Fragen sind von zeitloser Aktualität: Wer wird in der Gesellschaft akzeptiert, kommt es nur auf Leistung und Erfolg an, was ist wirklich wichtig?

Allzu weit in der Zukunft finde die Geschichte gar nicht statt, sagt Gsponer im Presseheft. „Der Mittelstand existiert quasi nicht mehr, entweder man schafft es oder nicht. Das Herunterfallen ist sehr leicht, das Aufsteigen hingegen sehr schwierig. Das sind durchaus gesellschaftliche Vorgänge, die schon jetzt stattfinden.“

Eine Welt, in der es nur Gewinner und Verlierer gibt – ist das Utopie oder schon Realität? Fragen wie diese wirft der Film  auf.