In einem Rechtsstaat

03.07.2018

Von Uwe Brauner

Felicia Langer hat den Deutschen die Pflicht zu gesteigerter Streitbarkeit für die Menschenrechte zugemessen. Diese wird aber verwässert, wenn man über Israel die Bezeichnung „Staatsräson“ wie einen Schirm aufspannt, an dem das Völkerrecht abtropfen soll, wie die Kanzlerin es vor der Knesset tat. Vielmehr gilt es, die unser staatliches Handeln leitenden Maximen auf den Kern unserer historischen Verantwortung zurückzuführen. Untauglich hierfür sind nach Gerhard Fulda, einem früheren Botschafter der BRD (Vortrag „Moral, Religion und Völkerrecht im Nahen Osten“), aber der Begriff „Holocaust“, weil sich aus ihm kein wertendes Kriterium ergebe, und die Formel von unserer „besonderen Verantwortung“ für Israel, weil sie alles und nichts bedeute, etwa auch nukleare U-Boot-Aufrüstung. Notwendig sei der Rückgriff auf den moralischen Imperativ Kants. Fuldas These lautet somit: „Als moralische Bewältigung unserer Vergangenheit versichern wir dem jüdischen Volk unsere Unterstützung bei der Erhaltung seiner Selbstbestimmung – in einem Rechtsstaat Israel.“ Diese moralische Verpflichtung zwänge uns – im Gegensatz zur gegenwärtigen Blankoscheck-Praxis – zu einer immer wieder vor dem Gewissen zu erneuernden Rechtfertigung unserer Zugeständnisse an Israel.

Und sie hinderte uns nicht, Einfluss auf seine politische Willensbildung zu nehmen, wobei wir umso glaubwürdiger wären, je klarer wir Israel in seiner emotional am stärksten geprägten Frage nach dem Bestand seiner Heimstatt unterstützten.