Auch sozial Schwache im Blick behalten

In Kirchentellinsfurt will die Verwaltung Flächen nicht nur für Häuslebauer ausweisen

Die vorläufig letzten gemeindeeigenen Wohnbauplätze sind vergeben. Die Verwaltung möchte deshalb Baulücken aktivieren, die sich in privater Hand befinden. Weil der Ort aber nicht nur bei Häuslebauern beliebt ist, wünscht sich Bürgermeister Bernd Haug zusätzlich einige Sozialwohnungen.

10.09.2016

Von Philipp Koebnik

Ein schön gerichteter Ortskern und zwischen Tübingen und Reutlingen verkehrsgünstig gelegen: In Kirchentellinsfurt möchten viele wohnen. Archivbild: Grohe

Ein schön gerichteter Ortskern und zwischen Tübingen und Reutlingen verkehrsgünstig gelegen: In Kirchentellinsfurt möchten viele wohnen. Archivbild: Grohe

Kirchentellinsfurt. „Die gingen weg wie geschnitten Brot“, sagt Bürgermeister Bernd Haug über die Vergabe der letzten gemeindeeigenen Wohnbauplätze. Die Verwaltung hat sie kürzlich im Neubaugebiet Billinger Weg II vergeben. Aktuell ist nun nichts mehr im Angebot. „Der schnelle Verkauf war erfreulich, andererseits ist es eine missliche Situation, denn der Bedarf an Flächen ist groß“, so Haug.

Obwohl die letzten Bauplätze mit 410 Euro pro Quadratmeter (einschließlich der Erschließungskosten) recht teuer waren, sei die Nachfrage hoch gewesen – und „weiterhin ungebrochen“. Ein 4 Ar großes Grundstück kostet rund 200000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für Hausbau, Garage und Küche – und schnell sei man bei 450000 bis 500000 Euro. „Für ein Einfamilienhaus in dörflicher Lage ist das durchaus viel.“

Haug meint die Gründe zu kennen, derentwegen dennoch so viele hier wohnen wollen: die gute Verkehrsanbindung (B27) bei gleichzeitiger Nähe zur Natur; die Einkaufsmöglichkeiten im Tal und im Zentrum; das rege Gemeindeleben mit über 50 Vereinen; Kindergarten und Schule am Ort. Eine attraktive „Mischung aus dörflichem Gepräge und guter Infrastruktur“ eben.

Laut Flächennutzungsplan hat die Gemeinde eine Reserve von rund 12 Hektar. „Das ist unser Schatz“, sagt Haug. Der Südring und seine Verlängerung bildeten die „künstliche Grenze“, innerhalb derer es den Ort weiterzuentwickeln gelte. „In den nächsten drei bis fünf Jahren müssen wir entscheiden, wie viele Flächen und wo genau wir sie ausweisen wollen.“ Er wünsche sich ein „solides Wachstum“ der Gemeinde mit ihren derzeit 5600 Einwohnern. Dabei müsse man den demografischen Wandel berücksichtigen. Zugleich solle sichergestellt werden, dass kommunale Einrichtungen wie Kindergärten optimal ausgelastet sind.

Bei der Flächenausweisung will die Verwaltung mithin behutsam vorgehen. „Zum Großteil werden es Einfamilien- und Doppelhäuser sein“, so Haug, der hinzufügt, dass „wir mehr Flächen als bislang für den Geschossbau werden ausweisen müssen“. Da die Preise auf absehbare Zeit stärker stiegen als die Löhne, werde Wohnen künftig noch teurer. „Diejenigen, die sich kein Eigenheim leisten können, brauchen Alternativen.“ Zudem sei auch unter jenen, die sich ein Haus leisten könnten, die Nachfrage nach Mietwohnungen hoch. Und sie werde weiter steigen.

Dabei wolle man mit der Kreisbau zusammenarbeiten, ebenso wie beim sozialen Wohnungsbau, bei dem es spürbar „Nachholbedarf“ gebe. Schon die üblichen Mieten seien für viele eine Herausforderung. „Wir wollen aber auch den sozial Schwachen, die im Ort bleiben wollen, ein Angebot machen“, betont Haug. Über mögliche Standorte sei man bereits mit der Kreisbau im Gespräch. „Schön wäre es, wenn wir acht bis zehn Sozialwohnungen bauen könnten.“ Wie es mit den wenigen gemeindeeigenen „Vorhalteflächen“ weitergeht, darunter die Neuapostolische Kirche, soll im Oktober oder November erörtert werden – in einer eintägigen Klausur von Gemeinderat und Verwaltung.

Um nicht immer weiter in die Fläche gehen zu müssen, wäre es zudem wichtig, Baulücken im Ort zu schließen. Die Zahl solcher privater Grundstücke, die weder bebaut werden noch zum Verkauf stehen, liege „in einem oberen zweistelligen Bereich“, so Haug. Die exakte Zahl ließ sich bis gestern nicht feststellen. Wie schon vor Jahren, möchte die Verwaltung in den kommenden Monaten die Eigentümer anschreiben. Diese können ihre Grundstücke über die Plattform „Baupilot“ auf der Website der Gemeinde vermarkten. Erfahrungsgemäß liege der Mobilisierungsgrad durch solche offiziellen Anschreiben bei rund zehn Prozent.

Gemeindeeigene Flächen für Wohnungsbau und Gewerbe

Die Mieten in den Städten steigen, die Preise für Bauplätze sowieso. Das Umland böte sich als Alternative an. Doch wie sieht es in den Gemeinden rund um Tübingen aus? Wie viele Bauplätze bieten sie an? Wie hoch ist die Nachfrage? Können und wollen die Gemeinden ihr Angebot der Zahl der Bauwilligen anpassen? Wie viele Baugebiete sind in der Planung? Welche könnten bald ausgewiesen werden? Diese Fragen wollen wir in einer kleinen Serie klären. Den Anfang machte am 31. August Kusterdingen. Bereits am 16. August berichteten wir, dass es in Kirchentellinsfurt keine freien Gewerbeflächen mehr gibt.

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Erstellt:
10.09.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
zuletzt aktualisiert: 10.09.2016, 01:00 Uhr

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