Imagine

Imagine

Tragikomödie um einen Blindenlehrer, der mit unkonventionellen Methoden einer jungen Frau zu neuem Lebensmut verhilft.

06.01.2014

Von Dorothee Hermann

Das gleißende Licht von Lissabon wählt der polnische Regisseur Andrzej Jakimowski („Kleine Tricks?) als Hintergrund für diesen poetischen kleinen Film. An einer klosterähnlichen Klinik soll der blinde Ian (Edward Hogg) sehbehinderten Kindern und Jugendlichen beibringen, sich im Alltag zu orientieren: ein Glas Wasser einzugießen, eine Straße zu überqueren.

In seinen klackenden Stiefeln bewegt sich der junge Engländer so zwanglos wie ein Sehender. Er hasst es, einen Blindenstock zu tragen und verlässt sich auf sein Gehör. Weil er dabei mitunter buchstäblich auf die Nase fällt, eckt er beim Klinikleiter an, und auch die Kinder zweifeln, ob Ian nicht in Wirklichkeit trickst. Meist sind sie aber fasziniert von dem Freiheitsversprechen, das er verkörpert.

Jedenfalls versteht Ian es, Geräusche nicht nur zu lesen, sondern sie auch zu benutzen, um eine eigene Realität zu schaffen. Damit lockt er sogar die verschlossene Eva (endlich einmal nicht als Soap-Nummer besetzt: Alexandra Maria Lara) aus ihrem Zimmer.
Der Film ist ein hinreißendes Plädoyer dafür, eine Stadt über ihre Geräusche ganz neu zu erfahren ? ohne zu überdecken, dass sich die ersten Schritte auf die Straße, ein paar Worte in einer Kneipe für jemanden, der zum ersten Mal aus einer Institution heraustritt, anders anfühlen als für jemanden, der sich ständig (und ohne Beeinträchtigungen) dort bewegt.

Gegen den rigiden Klinikleiter, der Angst und Vorsicht als Sicherheit definiert, entfaltet Ian die Feindimensionen des Hörens ? auch für Sehende und noch als Scheiternder.

Setzt die Nuancen des Hörens gegen die Übermacht des Visuellen.

Imagine