Bahnverkehr

Holpriger Wechsel auf der Schiene

Mehr Komfort, bessere Takte: Der Fahrplanwechsel kommende Woche soll?viele Strecken attraktiver machen. Doch zum Start fehlen etliche neue Züge.

10.12.2019

Von ROLAND MUSCHEL

Auf mehreren Strecken wird es zum 15.?Dezember im Südwesten einen Betreiberwechsel geben. Foto: Fabian Sommer/dpa

Auf mehreren Strecken wird es zum 15.?Dezember im Südwesten einen Betreiberwechsel geben. Foto: Fabian Sommer/dpa

Zum 15. Zum 15. Dezember wird es auf einer Reihe von regionalen Schienenverbindungen einen Betreiberwechsel geben, der mit deutlichen Verbesserungen für die Kunden einhergehen soll. Dazu zählen eine Ausweitung des Strecken- und Taktangebots und komfortablere Züge. Der Fahrplanwechsel werde den Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel „attraktiver machen“, versprach Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern der beteiligten Eisenbahnunternehmen.

Doch wie schon bei den ersten Umstellungen des Bahnverkehrs auf neue Betreiber im Juni dieses Jahres, dürfte auch dieses Mal der Neustart auf einigen Strecken mit Problemen verbunden sein. Hermann macht dafür Lieferschwierigkeiten der Zughersteller Bombardier und Stadler verantwortlich. Die Bahnunternehmen hätten aber in Abstimmung mit dem Land „gute Ersatzkonzepte“ erarbeitet.

Zugleich kündigte Hermann für Januar Gespräche darüber an, ob die von Zugausfällen und -verspätungen betroffenen Bahnpendler über die Ansprüche, die ihnen durch die Fahrgastrechte zustehen, hinaus entschädigt werden. Das solle der Verursacher lösen, schob der Grünen-Politiker den Schwarzen Peter in Richtung Bombardier und Stadler.

Hermann habe beim Betreiberwechsel „komplett versagt“, sagte dagegen SPD-Fraktionsvize Martin Rivoir. Leidtragende seien nun die Pendler. FDP-Verkehrsexperte Jochen Haußmann sieht den Minister in der Pflicht, „einen Entschädigungsfonds für Pendler auf den Weg“ zu bringen. Hermann warnte derweil vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, in denen das Unternehmen Bombardier offenbar steckt, vor zu hohen Erwartungen: „Wenn man zu hart zugschlägt, geht einer in die Knie. Dann hat man auch nicht gewonnen.“ Soll wohl heißen: Wenn ein bedeutender Hersteller aufgeben muss, werden die Probleme noch größer.

Schon jetzt kämpft die Branche mit einem Mangel an Lokführern. Das Land will daher einen eigenen Lokführer-Pool aufbauen, um mögliche Vakanzen bei den Betreibern gegen Entgelt zu überbrücken. Vollzug kann Hermann bislang aber nicht vermelden.

Mit dem anstehenden Fahrplanwechsel übernimmt die private Abellio Rail Baden-Württemberg im Stuttgarter Netz die Linien von Stuttgart nach Mannheim, respektive Osterburken. Von den dafür bestellten 25 Triebzügen habe Bombardier bislang aber erst sechs Neufahrzeuge geliefert, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung von Abellio, Rolf Schafferath. Die bestellten Leistungen könne man dank eines Ersatzkonzepts, das den Einsatz von Leihzügen vorsieht, trotzdem erbringen. Damit die Fahrgäste allerdings von den versprochenen Qualitätssteigerungen profitieren könnten, müsse „Bombardier unverzüglich für die Nachlieferung der ausstehenden Züge und eine vollständige Zulassung der Fahrzeugflotte sorgen“.

„Massiv verärgert“ über die verspätete Lieferung der bei Bombardier bestellten Züge äußerte sich auch Tobias Harms, Vorstandsmitglied der Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG, kurz: SWEG. Der Betreiber, der den Schienenverkehr im so genannten Freiburger Y übernimmt, das Elztalbahn, Kaiserstuhlbahn und Münstertalbahn umfasst, muss daher übergangsweise weiter Dieseltriebwagen statt der bestellten Elektrotriebzüge einsetzen. Die Nachlieferungen sollen erst ab Frühjahr 2020 sukzessive zum Einsatz kommen.

Dagegen kann die DB Regio am 15. Dezember im Netz Breisgau Ost-West mit neuen Fahrzeugen starten. Der Hersteller Alstom habe alle 24 neuen Fahrzeuge „pünktlich geliefert“, sagte der Leiter der DB Regio Baden-Württemberg, David Weltzien. Diese sollen künftig zwischen Endingen am Kaiserstuhl sowie Breisach über Freiburg und Titisee bis nach Villingen und Seebrugg im Schwarzwald verkehren. Werktags werde es einen Halbstundentakt auf der Strecke Breisach–Endingen und Neustadt geben, zwischen Neustadt und Villingen sowie zwischen Titisee und Seebruck fahre die Bahn im Stundentakt. An Sonn- und Feiertagen werde das Angebot erhöht.

Deutlich mehr Züge, eine höhere Taktung und teils mehr Halte auf den Strecken zwischen Aschaffenburg, Crailsheim und Heilbronn sowie Miltenberg und Seckach verspricht auch die Westfrankenbahn, die den Betrieb im Netz Hohenlohe-Franken-Untermain aufnimmt und 37 modernisierte Siemens-Züge im Einsatz haben wird.

Verspätete Lieferungen der Hersteller Bombardier und Stadler machen Go Ahead Baden-Württemberg zu schaffen. Das Unternehmen, das Mitte des Monats mit der Filstalbahn, der Frankenbahn und der Murrbahn drei weitere Schienenstrecken übernimmt, muss deshalb sogar eine Fahrplaneinschränkung vornehmen: Die Remstalbahn von Stuttgart nach Aalen verkehrt voraussichtlich bis Mitte Februar 2020 nur bis Schwäbisch Gmünd. Auf der Murrbahn kommen voraussichtlich bis März 2020 Ersatzfahrzeuge zum Einsatz. Leider könne man kommende Woche noch nicht „in voller Schönheit“ an den Start gehen, sagte der Landesgeschäftsleiter von Go Ahead, Hans-Peter Sienknecht.

Grafik Scherer / Quelle: Ministerium für Verkehr und Eisenbahnverkehrsunternehmen Foto: Grafik Scherer / Quelle: Ministerium für Verkehr und Eisenbahnverkehrsunternehmen

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Erstellt:
10.12.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 06sec
zuletzt aktualisiert: 10.12.2019, 06:00 Uhr

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