Experte für Spezialeffekte

Hohenloher hofft auf Oscar

Gerd Nefzer aus Schwäbisch Hall lässt es in „Blade Runner 2049“ regnen und schneien, und er bewegt Zukunftsautos. Seine Spezial-Effekte sind preiswürdig.

28.02.2018

Von TOBAIS WÜRTH

Folgt am Sonntagabend in Hollywood die Krönung? Der Film „Blade Runner 2049“ ist für den Oscar in der Kategorie „Beste Visuelle Effekte“ nominiert  Gerd Nefzers Firma hat maßgeblich daran mitgearbeitet. Foto: Sony Pictures/dpa

Folgt am Sonntagabend in Hollywood die Krönung? Der Film „Blade Runner 2049“ ist für den Oscar in der Kategorie „Beste Visuelle Effekte“ nominiert Gerd Nefzers Firma hat maßgeblich daran mitgearbeitet. Foto: Sony Pictures/dpa

Schwäbisch Hall. In der Schlussszene lässt Gerd Nefzer einen Bus in einem Wasserbecken untergehen. Sein Kindheitsidol Harrison Ford ringt darin um sein Leben. Kurz bevor der Wasserstand die Decke erreicht, schwimmt Ford alias Deckard heraus.

„Man ist da schon nervös, wenn man weiß, dass so ein Superstar die Bewegungsmechanik nutzt, die man selbst gebaut hat. Aber es ist gut gegangen“, freut sich Gerd Nefzer (52) aus Schwäbisch Hall. „Ich bin seit der Kindheit Star-Wars-Fan und habe mich für Han Solo begeistert. Da ist es natürlich toll, mit Harrison zusammenzuarbeiten.“

Der ehemalige Landwirt und heutige Special-Effects-Supervisor hat an Spitzentagen ein 58-köpfiges Team geleitet, das für Regen, Schnee und die Fahrzeuge im Film „Blade Runner 2049“ zuständig war. Und genau für dieses Werk könnte er in der Nacht auf Montag den Oscar in der Kategorie „Visual Effects“ erhalten?– gemeinsam mit drei weiteren Kollegen aus anderen Firmen, die für die digitale Bildbearbeitung zuständig waren. Mit im Rennen sind vier weitere Filme. Darunter der neueste „Star Wars“.

Denis Villeneuve (Regie) und Roger Deakins (Kamera) war es wichtig, „dass der Look des Films und die Geschichte zusammenpassen: Dargestellt wird die Umweltverschmutzung in dieser Zukunft. Das ist fast schon Grobstaub und kein Feinstaub mehr.“ Selbst der Schnee ist nicht weiß, sondern gräulich-bräunlich.

„Blade Runner 2049“ ist die Fortsetzung des Originals aus dem Jahr 1982. Der Science-Fiction-Film wurde gerade wegen des visuellen Designs gelobt. Die Fortsetzung des Streifens kam vergangenen Herbst in die Kinos. Und auch diese Weitererzählung besticht durch die besondere Stimmung.

Wie in einer Sauna

Gerd Nefzer erläutert: „Das wurde erreicht, indem die Luftfeuchtigkeit in den Studiohallen auf 100 Prozent erhöht wurde. Das ist wie in einer Sauna, nur ohne die Hitze, wenn man so will. Das Problem: Das Ganze war sehr wetterabhängig. Bei jeder Wetter-Veränderung draußen verhielt sich der Nebel innen unterschiedlich.“

Doch nicht nur das war beim Dreh in den Korda-Studios bei Budapest schweißtreibend. Eine große Aufgabe waren die Mechaniken in dem Film. Mehrere „Spinner“, also fliegende Autos, wurden benötigt. Gerd Nefzer: „In einer Szene fliegt ein Spinner durch eine zerstörte Scheibe in ein Penthouse. Er dreht sich um 180 Grad und fliegt später wieder raus.“ Von der Planung dieser kurzen Szene über den Bau und die Programmierung vergingen schon mal neun Wochen Arbeit. Und häufig dabei: Das Idol seiner Kindheit, mit dem er jetzt auf professioneller Ebene zusammenarbeitet. „Harrison Ford saß auch selbst drin. Der fand das gut.“

Was der Spezialeffekte-Firma hilft: Trotz scheinbar unbegrenzter Möglichkeiten durch die Digitaltechnik geben Regisseure der analogen Welt manchmal den Vorzug. Wenn ein Schauspieler tatsächlich nass wird oder einen Einschuss sieht, reagiere er entsprechend. „Von der Vorstellung, dass Special Effects nur Explosionen sind, muss man sich verabschieden“, erläutert Nefzer. Die machten nicht einmal zehn Prozent der Arbeit aus. Viel wichtiger seien die Mechaniken und die so genannte Atmosphäre. Darunter verstehe man zum Beispiel die feinen Staubkörnchen, die von der Morgensonne angestrahlt im Gegenlicht tanzen.

Bereits die Nominierung für den wichtigsten Filmpreis der Welt stelle eine Würdigung des manchmal 20-stündigen Arbeitstags am Set von ihm und dem Team im Familienbetrieb dar. Und jetzt geht es nach L.A. „Dass sich das so entwickelt, hätte ich nicht gedacht“, sagt Gerd Nefzer. „Der Dresscode ,Black Tie' steht schon mehrfach in der Einladung. Ich bin nicht der Typ, der sich dauerhaft im Smoking wohlfühlt.“ Sein Alltag ist weniger glamourös. „Wir kommen gerade von einem Außendreh in Thüringen. Dort wird eine Szene mit einem High-Speed-Autocrash im Wald gedreht – bei bis zu minus zehn Grad.“

Den BAFTA, das britische Gegenstück zum Oscar, hat er kürzlich schon eingeheimst. „Es war toll, bei der Preisverleihung Prinzessin Kate und Prinz William die Hand zu schütteln und etwas Smalltalk zu halten.“ Vor dem Rückflug musste Nefzer an der Kontrolle im Flughafen die Tasche aufmachen. Als er die Auszeichnung zeigte, gratulierten die Security-Leute spontan. „Der BAFTA ist eine schwere goldene Maske. Die steht schon auf dem Kachelofen. Vielleicht kommt das Oscarle dazu.“

Gerd Nefzer an seinem Schreibtisch. Foto: Ralf Hirschberger/dpa

Gerd Nefzer an seinem Schreibtisch. Foto: Ralf Hirschberger/dpa

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Erstellt:
28.02.2018, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 07sec
zuletzt aktualisiert: 28.02.2018, 06:00 Uhr

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