OB-Wahl

Hicham Hidam will Tübinger Oberbürgermeister werden

Der Tübinger Gastronom Hicham Hidam will bei der OB-Wahl kandidieren. „Schritt für Schritt“ will er seine Pläne vorstellen.

14.03.2022

Von Moritz Hagemann & Hans-Jörg Schweizer

Hicham Hidam (45) will Tübinger Oberbürgermeister werden. Bild: Lisa Neumann/Hicham Hidam

Hicham Hidam (45) will Tübinger Oberbürgermeister werden. Bild: Lisa Neumann/Hicham Hidam

Umtriebig ist Hicham Hidam gewiss. Hauptsächlich kocht er in seinem Tübinger Restaurant „La Médina“ in der Metzgergasse und bis vor Kurzem im jetzt geschlossenen „Le Romarin“ in der Mohlstraße. Mal streift der 45-Jährige durch die Altstadt, verteilt Essen an die Mitarbeitenden an den Corona-Teststationen oder kocht für Bedürftige; mal sorgt er für Schlagzeilen, weil er sich auf offener Szene mit einem anderen Gastronomen zofft. Dass er jedoch seine Bewerbung als Tübinger Oberbürgermeister bekanntgeben würde, damit war nicht zu rechnen. Doch der inzwischen stadtbekannte Tausendsassa tat dies am Montagmorgen um 5.22 Uhr trotzdem – als unabhängiger Kandidat.

Er braucht 100 Unterstützer

Er schickte nicht nur eine E-Mail, sondern präsentierte gleich eine Homepage. Dort nennt Hidam, der seit 2008 in Deutschland lebt, auch seine Ziele. Konkret listet Hidam mehrere Punkte auf, ohne ins Detail zu gehen. Das wolle er „Schritt für Schritt“ machen, sagt er auf Nachfrage, er wolle sein genaues Programm noch vorstellen: „Lassen Sie sich überraschen.“

Bislang nennt er etwa den Ausbau des Bus-, Rad-, Fuß-, und Autoverkehrs sowie der Infrastruktur. Er wolle „eine Energiewende vorantreiben, damit Tübingen seine klimaneutralen Ziele rechtzeitig erreichen kann“. Die Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn, die per Bürgerentscheid abgelehnt worden war, sei nicht in seinem Sinne: „Ich habe andere Alternativen, als 250 Millionen Euro für eine Bahn auszugeben.“

Zudem schlägt er vor, ein Modellprojekt für die Integrationspolitik zu entwickeln (an dem er bereits arbeite), die Digitalisierung der Bürokratie voranzutreiben, bezahlbare Wohnungen für Studierende zu schaffen und Alternativen für die Müllreduzierung aufzuzeigen. Hidam wirbt um Anregungen, offene Kommunikation und „umfassende Gespräche über die Bedürfnisse und Wünsche“ der Tübingerinnen und Tübinger.

Hidam ist sich sicher, die zur Kandidatur nötigen 100 Unterstützer schon beisammen zu haben, sagte er am Montag dem TAGBLATT. Schon seit acht Jahren besitze er auch die deutsche Staatsbürgerschaft, mit ausschließlich marokkanischem Pass könnte er nicht kandidieren. Wie er Wahlkampf, sein Restaurant und ein mögliches OB-Amt verbinden möchte? Das sei eine Frage, auf die die Zeit eine Antwort gebe.

Scharmützel bei Facebook

Der zweifache Vater möchte Tübingen „gerechter, sicherer, umweltbewusster und aufgeschlossener gestalten“. Schon mehrmals berichtete Hidam von Anfeindungen gegen ihn (von Schäden am Haus seines Restaurants oder von Diebstählen), bemängelte die fehlende Unterstützung seitens der Stadt auch öffentlich: Er werde „bis heute schikaniert“, hatte Hidam im Januar bei Facebook geklagt.

Als OB Boris Palmer für eine erneute Kandidatur vor einigen Wochen Spenden sammelte, überwies Hidam einen Cent und schrieb ironisch hinzu: „Dankeschön für Ihre Unterstützung, Herr Palmer“. Den Nachweis postete er auf den sozialen Kanälen des „La Médina“. Auch, dass Palmer den einen Cent wieder zurücküberwies.

„Mir geht es nicht um Palmer, mir geht es um Tübingen“, sagt Hidam. Er habe auch nichts gegen den Oberbürgermeister, schätze dessen Arbeit. „Ich möchte einfach eine aufgeschlossene Diskussionskultur einführen.“ Deshalb will der 45-Jährige nun Palmers Amt übernehmen, wirbt selbst um Spenden für den Wahlkampf: „Ich kenne viele Menschen, die mich unterstützen“, sagt Hidam, der sich „auf einen fairen politischen Wettbewerb“ freue. Auch Palmer als unabhängiger Kandidat, Ulrike Baumgärtner (Grüne) und Sofie Geisel (SPD) wollen bei der Wahl am 23. Oktober antreten.

Wie bewertet Hidam seine Chancen ohne politische Erfahrung und den Rückhalt einer Partei? „Chancen kann man nicht abschätzen, man kann an ihnen arbeiten“, antwortet der 45-Jährige. Er glaube vor allem „an das demokratische Prinzip des Machtwechsels“, sagt Hidam. „Das motiviert mich.“

Zur Person

Seine Vita beschreibt Hicham Hidam auf www.hicham-hidam.de:

1977 geboren in Casablanca, Marokko

1995 Koch und Konditorausbildung / Hyatt Regency Hotel, Casablanca

1997 Freies Abitur (Bac libre) Elektrotechnik / Casa-Mohammedia

2002 Diplom in Elektrotechnik / Hochschule Meknes-Sidi Kacem

2002-2003 Projektleiter Telekommunikation / Tele Marokko

2003-2008 Auslandserfahrung in gehobener Hotellerie und Gastronomie (u.a. Dubai, Syrien, Südafrika, Israel, Brasilien, Italien, Spanien, Frankreich)

2003-2008 Ehrenamtliches Engagement für die Bekämpfung des Analphabetismus (u.a. Syrien, Jordanien, Libanon)

2008 Umzug nach Deutschland

2008-2016 Koch in gehobenen gastronomischen Einrichtungen (u.a. in Heidelberg, Stuttgart)

Seit 2016 Inhaber „Le Romarin“, Tübingen

Seit 2020 Inhaber „La Médina“, Tübingen

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Erstellt:
14.03.2022, 08:00 Uhr
Aktualisiert:
14.03.2022, 17:24 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 03sec
zuletzt aktualisiert: 14.03.2022, 17:24 Uhr

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