Rottenburg

Heul doch!

Die Autorin Juli Zeh sieht die Ursache vieler gesellschaftlicher Missstände in einem überforderten Menschen, dem „Turbo-Ich“ (Aufmacher und „Übrigens“ vom 14. Juli).

17.07.2018

Von Wolfgang Schäfer, Rottenburg

Heul doch, du Opfer! Das würde ein Hauptschüler Peter Ertle zurufen. Juli Zeh hat seinen Job kritisiert. Wie kann sie auch Ihn, den großen Lokaljournalisten des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTs, kritisieren. Sie, Juli Zeh ist doch nur eine hochangesehene deutsche Juristin und Schriftstellerin, die mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde und auch durch ihr gesellschaftlich-politisches Engagement bekannt ist. Eine Person, die am Donnerstag 1200 Menschen angelockt hat. Noch nie waren mehr Menschen gekommen.

Sie erdreistet sich, Meinungsartikel zu kritisieren. Und das obwohl sie selber solche schreibt. Welch Ungemach, meinte sie doch mit Meinungsartikeln nicht die Kolumnen, sondern, wie im Artikel zu lesen ist, die Übernahme der Meinung großer Journalisten als scheinbar objektive Berichterstattung. Wie oft haben wir das schon erlebt.

Bei Christian Wulffs Bundespräsidentensturz waren sie alle dabei. Bei der Irakkriegslüge ebenfalls, heute bei der Lüge um den Rüstungsmehrbedarf und und und. Bei der Mär, die Agenda 2010 hat unsere wirtschaftliche Entwicklung positiv beeinflusst, schreiben sie von den Arbeitgeberinstituten ab. Unabhängige Forschungen von öffentlichen Universitäten recherchieren sie nicht. Uni Freiburg, Business School of Oxford und so weiter haben das Gegenteil bewiesen. Bei der Streitfrage um Sozialwohnungsbau der Gemeinde- und Kreis-eigenen Gesellschaften geben sie unrecherchiert die Meinungen der Geschäftsführer wieder. Ist das der Gefälligkeitsjournalismus, den Ertle meint?