Kunstmesse

Heißhunger auf die Originale

Bilder und Skulpturen aus aller Welt bringen Sammler und Kunstfreunde nach langer Durststrecke in Basel wieder zusammen.

24.09.2021

Von BURKHARD MEIER-GROLMAN

Grandiose Großinstallationen bei der Art Basel: David Hockney gibt in einem Riesenbildformat einen Einblick in seine Malwerkstatt. Rechts daneben steht Urs Fischers aus Brot gebautes Knusperhexenhaus. Foto: Gerda Meier-Grolman

Grandiose Großinstallationen bei der Art Basel: David Hockney gibt in einem Riesenbildformat einen Einblick in seine Malwerkstatt. Rechts daneben steht Urs Fischers aus Brot gebautes Knusperhexenhaus. Foto: Gerda Meier-Grolman

Basel. Egal, wie groß der ökologische Fußabdruck auch ausfallen mag, Kunstsammler, Galeristen und Messebetreiber haben während dieser langen Pandemie-Düsternis einen regelrechten Heißhunger auf echte Bilder und Bildhauerarbeiten entwickelt. Also waren die Logistiker gefragt, Kunstwerke und auch Kaufinteressenten aus allen Himmelsrichtungen in die Schweizer Messehallen nach Basel zu expedieren.

Natürlich hat das vergangene Corona-Jahr mächtig ins Kontor geschlagen, wenn von Paris über Köln bis Basel sämtliche wichtigen Kunstmessen das Geschlossen-Schild an die Hallentüren genagelt haben. Versteht sich, dass auch die global am lautesten tingelnde Art Basel mit ihren Zulieferern, den Kunsthändlern, steht und fällt. Die Galerien wollen schließlich ihren Künstlern und Künstlerinnen einen Karrieresprung verschaffen, sie wollen auf den Messen in einen Wettbewerb mit ihren Kollegen eintreten und möglichst auch deren Sammler gleich abspenstig machen.

Auch wenn sie während der Corona-Lockdowns das Online-Geschäft mittels ihrer Viewing Rooms und Webseiten schon des Überlebens wegen mächtig angekurbelt haben, gilt nach wie vor, dass der digitale Schnickschnack nichts gegen die direkte Begegnung mit einem Kunstwerk ausrichten kann.

So ist auch die Basler Art 2021 trotz all der bei einem solchen Groß-Event nötigen, aber auch lästigen Hygiene-Maßnahmen ein höchst willkommener Augenschmaus und Emotionsschub für die Kunsthandels- und Galerienkundschaft. Allerdings wird das große Publikum an den ersten vier Tagen der Messe ausgeschlossen, da dürfen nur die VIPs ran, das heißt, dass die potenten Sammler die dicksten und teuersten Brocken für sich herauspicken. Die B-Auswahl aus dem Depot können die Leichtgewichte unter den Kunstfreunden dann nur an den drei letzten Messetagen der Art Basel beschnuppern, von Freitag bis Sonntag.

Das eigentliche Ereignis und Herzstück der Basler Kunstmesse ist nach wie vor die mit Großinstallationen vollgepackte Kunstschau „Unlimited“. Da wird die heutzutage bedeutsame Weltkunst in einer einzigen Messehalle versammelt, hier werden sozusagen die Kasseler documenta und die Venedig-Biennale zu einem einzigen kompakten Kunstpaket zusammengeschnürt.

2021 geben sich dann doch in „Unlimited „zu viele mit deutlicher Patina belegte Kunstklassiker wie etwa Robert Rauschenberg, John Chamberlain, Antoni Tapies oder Carl Andre ein Stelldichein. Das wäre nicht nötig gewesen, ist sicher aber verständlich, weil die Galeristen gerade in der existenziell äußerst schwierigen Pandemie-Zeit vor allem auf sichere Werte setzen.

„Unlimited“ hat aber auch die den Altvorderen nachfolgenden Kunstgrößen wie etwa Olafur Eliasson, Roni Horn, Albert Oehlen oder Julius von Bismarck ins Rennen geschickt, und so ergibt sich in dieser Zusammenschau ein wirklich die Sinne anregendes und spannendes Kunst-Ping-Pong zwischen den Künstler-Generationen.

Grandios etwa David Hockneys ins Riesenformat gebrachte Werkschau und direkt daneben Urs Fischers aus veritablen großen Brotstücken geklebtes Knusperhexenhaus.

In der Halle 2, wo der eigentliche Kunstkommerz der Art Basel zum Tragen kommt und jede der dort etablierten 272 Galerien nach Beachtung giert, muss man aufpassen, dass man in dieser massiven und oft auch unverschämt knalligen Bilderfülle nicht die Orientierung verliert. Da hat man manchmal den Eindruck, dass Künstlerinnen wie Künstler glauben, auch die absurdesten und blödsinnigsten Einfälle als Kunstwerke realisieren und etikettieren zu müssen, wobei dann oft jegliche Kunstqualität flöten geht.

Verquere Objekte gibt es hier eine Menge, ob das nun ein in Acryl verewigtes menschliches Gebiss ist oder ein banaler Ledergürtel als Stilllebenmotiv gewählt wird. Überflüssig auch das Brustbild eines älteren Herrn, dessen Brustwarzen warum auch immer pinkfarben bemalt wurden. Epigonen treiben übrigens auf der Art Basel zuhauf ihr Unwesen.

Andy Warhols Suppendose wird so durch drei billige Energy-Drink-Dosen ersetzt, und ein Kollege bedient sich auf seinem Mischmasch-Machwerk unbekümmert gleich in den Malwerkstätten von Gerhard Richter und Sigmar Polke. Man sieht, mitunter muss man beim Besuch der diesjährigen Art Basel auch heftig schlucken.