Nachruf
Mach’s gut, Verneigung! Heiner Kondschak ist gestorben
Biest, Kinderglücklichmacher, Gundermann-Erwecker: Heiner Kondschak war eine Tübinger Kulturinstitution. Nun starb er im Alter von 69 Jahren unerwartet.
Selbst als man durch seinen schweren häuslichen Unfall letztes Jahr – einem Treppensturz mit langem Koma und langsamer Genesung – zum ersten Mal mit der Möglichkeit auch der Kondschakschen Endlichkeit konfrontiert war, schien der den Umständen entsprechend glückliche Ausgang des Unfalls seine außergewöhnliche Lebensverhaftung zu bestätigen.
Sein Tod kam nun für alle überraschend. Es ist noch nicht lange her, da kündigte das Tonne-Theater ein so klangvoll wie kurioses Talkformat unter dem Titel: „Radio Kondschak“ für die nächste Spielzeit an. Tonne-Intendant Enrico Urbanek ist im Moment in Theaterferien, Helge Thun in Dänemark, Elmar Bux vom Kino Waldhorn in den Bergen, Freunde, Kollegen, alle erfahren es im Urlaub und sind geschockt. Er habe, so die Tonne in einem ersten Post auf ihrem Facebookauftritt, das Programm der Bühne „durch seine einzigartige Bühnenpräsenz und vorbehaltlose Menschlichkeit entscheidend geprägt.“
Vor wenigen Monaten saß man ihm noch in seiner Bondorfer Wohnung gegenüber, er trainierte die noch steifen Finger der lädierten Hand mit einem Tennisball. Und rauchte. Ein Kasten Bier stand da. Ein Heiliger war er nicht geworden, das hätte nicht zu ihm gepasst.
Mit dem ihm wichtigsten Projekt, der Gundermann-Combo, spielte er sich auch in die Herzen der Gundermann-Fans im Osten. Mit wem zusammen er in verschiedenen Bandprojekten auf der Bühne stand, wieviele berühmte Rockmusiker er in Musiktheaterstücken porträtierte, bei wievielen Theaterstücken (lokal vor allem: LTT, Lindenhof, Tonne) er Regie führte oder die Musik beisteuerte – dies aufzuzählen und darauf einzugehen, inklusive aller Instrumente, die er spielen konnte, würde mehrere Zeitungsseiten füllen.
Begonnen hatte er als Maurer (abgebrochen), Jurastudent (abgebrochen), Ansager in einem Zirkus, Straßenmusiker, Schauspieler am Theater in Göttingen, dann am LTT.
Am meisten erstaunt hat man ihn, als man einmal heraushörte, dass er sich für eine Eigenkomposition das Intro eines soeben erschienenen Songs von Bob Dylan anverwandelt hatte. Das hat ihn echt umgehauen. Als Musiker und Instrumentenlerner konnte er stundenlang, wochenlang üben, bis es saß. Dabei sah bei ihm alles immer leicht aus. Und war es insofern auch, als er einmal bekannte, kein Lampenfieber zu kennen, im Gegenteil: Er habe eigentlich erst auf der Bühne die richtige Grundspannung.
Heiner Kondschak war ein großer Vernetzer und Anreger für andere, die er alle so nahm und ließ, wie sie waren, auch er selbst wollte so gelassen werden, wie er war, ein Autodidakt und Selfmademan, jemand für sich, der auf erstaunliche Weise mehr für alle war als die meisten anderen. Er habe als Zertifikate in seinem Leben nur das Abizeugnis, den Führerschein und das Seepferdchen, sagte er beim letzten Gespräch, erzählte so über seine fünf Enkel, dass man ihn sich zum ersten mal als Opa vorstellen konnte. Und sagte den erstaunlichen Satz „Ich habe eigentlich immer Glück gehabt im Leben.“
Vor wenigen Tagen starb Heiner Kondschak im Alter von 69 Jahren überraschend in seiner Wohnung. Mach’s gut, Verneigung!
Info Was den Abschied von ihm angeht, laufen die Überlegungen im Moment auf eine Bestattung im kleinen Kreis und eine öffentliche Party im September hinaus. Dass ihm die Idee einer Party gefallen hätte, denken alle, die ihn kannten.