Es lebe die Panne!

Heiner Kondschak in der Rolle des „Schönen“ und Helge Thun in der des „Biests“ wäre eine solche

Sie sind eines der Traumpaare Tübingens: Helge Thun und Heiner Kondschak. Die Beiden nennen sich „der Schöne und das Biest“. Es reicht zwar bei ihnen noch nicht zur Silberhochzeit, aber sie sind auf ihre spezielle Weise schon seit zwanzig Jahren zusammen. Jedenfalls auf der Bühne. Am morgigen Donnerstag kann man das Duo im Sparkassen Carré bei der Versteigerung des KSK-Kunstschatzes zugunsten der Tafeln im Kreis erleben.

08.12.2015

Heiner Kondschak und Helge Thun24.11.15 Bild: Metz

Heiner Kondschak und Helge Thun 24.11.15 Bild: Metz

Machen wir mal einen kleinen Partnerschaftstest mit Ihnen. Wissen Sie noch, was der Andere vor fünf Jahren im TAGBLATT-Interview gesagt hat? Herr Thun, vervollständigen Sie bitte Heiner Kondschaks Prognose von damals: Wir spielen so lange...

Thun: ...bis einer von uns Beiden stirbt und danach macht der Helge alleine weiter.

Richtig. Ein Punkt. Nun die Frage an Sie, Herrn Kondschak: Warum freute sich Ihr Partner ganz besonders über den Erwerb eines Autos? Weil er...

Kondschak: (denkt nach) ...nicht mehr mit mir zusammen zu den Auftritten fahren muss?

Richtiiiiiiig! Was ist der älteste Gag von Herrn Kondschak?

Thun: (grübelt, weil es anscheinend so viele alte gibt).

Stichwort Leitz!

Thun: Ah. Er sagt zum Publikum, wenn Sie nicht gleich ruhig sind, hole ich Herrn Leitz, das ist unser Ordner.

Kondschak: Ja, das sag ich schon seit 1987, und es kommt immer noch gut an.

Und was sagte Herr Thun über die schönsten Begegnungen zwischen Ihnen beiden?

Kondschak: (nachdenkliche Stille) Sind das die Begegnungen, bei denen einer nicht weiter weiß und der andere ihm nicht hilft?

Gratuliere! Sie haben den Test bestanden und beide die gleiche Höchstpunktzahl erreicht.

Thun: Ja, es herrscht Gleichstand zwischen uns – das war immer so. Am Anfang vielleicht noch nicht so ganz. Da haben wir den Fehler gemacht, den Konflikt zwischen uns zu übertreiben. Manche im Publikum bekamen Mitleid mit Heiner. Er war der arme Underdog. Das Programm funktioniert aber nur dann, wenn die Leute mitkriegen, dass wir beide Spaß dran haben. Es darf nicht als wirklicher Wettkampf erscheinen.

Kondschak: Am Anfang hat Helge auch viel mehr geredet als ich. Jetzt mach ich die ganzen ersten Gags.

Sie kennen Ihr Programm ja sicher in- und auswendig. Wie kann es sich da überhaupt noch verändern?

Kondschak: Wir erinnern uns oft nicht mehr so genau. Neue Dinge entstehen aber auch häufig durch Pannen und Zufälle. Zum Beispiel verstecke ich mich immer zu Beginn der Vorstellung hinterm Klavier. Früher kam Helge auf die Bühne und hat mich gesucht. Dann rief mal einer aus dem Publikum: Heiner ist hinterm Klavier. Seitdem kommt Helge auf die Bühne und sagt gleich: Heiner, was machst Du hinterm Klavier?

Thun: Das Programm überarbeitet sich mit der Zeit wie von alleine.

Kondschak: Ich freu mich immer, wenn sich Witze reinschleichen. So hat sich auch wie von selbst entwickelt, dass wir wieder von vorne anfangen, wenn Leute zur Vorstellung zu spät kommen.

Thun: Oder eine andere Szene – Heiner verlässt die LTT-Werkstatt und geht auf die Straße. Ich rief ihm spontan nach: Heiner, nicht an die Mülleimer! Die Leute im Saal hören, wie Heiner dann einen Passanten anspricht und ihm einen Platz im Saal anbietet.

Für diese Art der Improvisation müssen Sie doch immer topfit sein. Schon mal krank auf der Bühne gestanden?

Kondschak: Krank habe ich noch nie gespielt. Müde schon. Aber wenn die Scheinwerfer angehen, bin ich keine Sekunde mehr müde.

Thun: Sobald wir auf der Bühne stehen, ist alle Müdigkeit wie weggeblasen. Wir gehen auch immer mit mehr Energie von der Bühne, als wir vorher hatten. Das ist ein gutes Zeichen.

Sie langweilen sich also nicht während der Show und denken heimlich: Nicht schon wieder diese Nummer?

Thun: Nein, denn vieles bei uns hängt auch vom Publikum ab und das ist immer anders. Wir haben viel Spaß, wenn es gut drauf ist, aber Widerstand kann auch anregend sein. Im Stuttgarter Renitenztheater saß in der ersten Reihe eine Frau, die verzog während der ganzen Vorstellung keine Miene. Ich habe dann zu ihr gesagt: „Wenn Sie mal irgendetwas lustig finden, dann informieren Sie bitte Ihr Gesicht!“ In Ohmenhausen hat ein kleiner Junge beim Becherspiel ganz genau aufgepasst und gerufen: Der Ball ist in der anderen Hand. Das stimmte dann auch. „Junge, das ist meine Karriere, mit der Du spielst“, habe ich dann gesagt.

Kondschak: Lustig war auch, als in einer Ü-60-Turngruppen-Vorstellung eine der Frauen unser Seidentuch, das sie untersuchen sollte, laut kommentierte: „Das sollte man auch mal wieder waschen.“ Das ist jetzt ein fester Gag im Programm.

Kann man Improvisation üben? Geht man schon vorher Situationen durch und legt sich Sätze zurecht, die man sagen könnte?

Thun: Wir haben uns ja beim Improtheater kennengelernt und da schnell erkannt, dass wir den gleichen Humor haben. Bei uns darf jeder den anderen auf der Bühne überraschen. Wir sind eher enttäuscht, wenn alles so läuft wie immer.

Kondschak: Neues entsteht bei mir meist während der Vorstellung. Pannen sind grundsätzlich gut, auch den anderen auf offener Bühne zu überraschen oder ihm ins Wort zu fallen. Ich weiß ja, ich mach bei Helge nix kaputt. Was für andere Künstler der Horror wäre, bringt uns am meisten Spaß. Wichtig dabei ist immer das Timing. Helge hat das über seine Zauberei gelernt und ich über die Musik.

Übernehmen Sie auch Witze von anderen Künstlern?

Thun: Ich bin da vorsichtig. Wenn ich zum Beispiel von einem anderen Comedian einen Spruch höre, der gut zu uns gepasst hätte, denke ich eher: Mist, den hat der jetzt schon gesagt! Besser ist es immer, wenn uns die Sachen selber einfallen. Es gibt natürlich auch Leichen, die man im Keller hat und für die man sich dann eine Art Gewohnheitsrecht erwirbt.

Kondschak: Manchmal weiß man auch nicht so ganz genau, ob etwas von einem selbst oder von jemand anderem ist. Es gibt aber auch umgekehrt, Sprüche, die einem immer mal wieder begegnen, wie etwa: „Ohne Proben ganz nach oben“. Der ist von mir – oder jemand anderes hatte die gleiche Idee.

Thun: Komisch ist, dass noch niemand unsere Zugabe-Nummer geklaut hat, bei der wir mit dem schlechtesten Wortspiel aller Zeiten Standing Ovations einheimsen. Vielleicht sollten wir die mal auf YouTube posten, damit die Fasnetsgruppen was Neues für Ihr Repertoire haben.

Fragen: Ulla Steuernagel

An manchen Orten lachen die Leute schon, weil diese Beiden so unterschiedlich aussehen. Unverwechselbar: Heiner Kondschak (links) und Helge Thun (rechts) und nicht umgekehrt.Bild: Metz

An manchen Orten lachen die Leute schon, weil diese Beiden so unterschiedlich aussehen. Unverwechselbar: Heiner Kondschak (links) und Helge Thun (rechts) und nicht umgekehrt.Bild: Metz

Morgen ist „Alles muss raus“-Auktion

Der nächste Auftritt von Helge Thun und Heiner Kondschak ist am morgigen Donnerstag, 20 Uhr, im Sparkassen-Carré. „Alles muss raus“ heißt die Kunstauktion, bei der die Versteigerung von Bildern mit der Komik des Duos eine gewinnbringende Verbindung eingehen soll. Die KSKTübingen will sich von über 100 Bildern aus ihrem künstlerischen Fundus trennen. Darunter sind Arbeiten von Heiner Bauschert, Hermann Bierer, Werner Borsdorf, Manfred Degenhardt, Luise Deichert, Andreas Felger, Klaus Herzer, Maria

Heyer-Loos, Jürgen Klein, Hug Mundinger, Walter Romberg, Helmut Siesser,

Karl Gustav Trittelvitz und weiteren Künstlern und Künstlerinnen aus der Region. Es werden auch Künstlerteppiche und Orientteppiche versteigert. Der Erlös der Auktion geht an die Tafeln im Landkreis.

Am 9. Januar ist das Duo dann wieder in der bewährten Form als „Der Schöne und das Biest“ im Sudhaus zu sehen.