Was schafft eigentlich...

Harald Wohlfahrt?

Harald Wohlfahrt steht für eine Ausnahmeleistung am Herd: Sein Restaurant „Schwarzwaldstube“ im Hotel „Traube Tonbach“ wurde 25 Jahre lang mit drei Michelinsternen ausgezeichnet – das hat außer ihm noch kein deutscher Koch geschafft. Im vergangenen Sommer kam es zu einem unschönen Abgang aus Baiersbronn. Seither berät Wohlfahrt das Festspielhaus Baden-Baden in kulinarischen Fragen.

15.03.2018

Von TEXT: Johannes Schweikle|FOTO: Manolo Press

Harmonie an Küche: Harald Wohlfahrt (rechts) mit Andreas Hack, Chefkoch des Festspielhauses Baden-Baden.

Harmonie an Küche: Harald Wohlfahrt (rechts) mit Andreas Hack, Chefkoch des Festspielhauses Baden-Baden.

Das Restaurant „Aida“ strahlt den Glanz vergangener Zeiten aus. Ein üppiger Kristalllüster hängt von der hohen Stuckdecke, über der Täfelung aus dunkler Eiche erheben sich klassizistische Pilaster. Die Gäste haben sich für den Opernabend fein gemacht. Vor der Ouvertüre gibt’s zur Stärkung ein Entrecôte vom Kalb in Trüffelkruste mit Portweinjus, Schalottenmarmelade und Petersilienrisotto.

Herr Wohlfahrt, für ein Menü in der „Schwarzwaldstube“ sind Gäste aus Amerika angereist. Im Festspielhaus spielt das Essen nur die zweite Geige: Man geht in die Oper, vorher isst man noch was - ist das für den Meister der Hochküche nicht ein Rückschritt?

Gutes Essen ist keine Nebensächlichkeit. Und wir haben hier ein Publikum, wie man es sich besser nicht wünschen kann. Das sind erfahrene Gäste, die können vergleichen, und viele sagen: Hoppla, ein Ruck ist durch das „Aida“ gegangen.

Trotzdem: Das Restaurant öffnet zwei Stunden, bevor sich auf der Bühne der Vorhang hebt. In dieser Zeit müssen die Gäste essen, bezahlen und ihre Plätze im Saal einnehmen.

Mir war schnell klar, dass man hier anders kochen muss als im Gourmetrestaurant. Dort hatte ich 16 Mitarbeiter für 40 Gäste. Hier kümmern sich fünf Köche um bis zu 100 Gäste. Sieben Gänge sind da nicht möglich. Und die einzelnen Gerichte dürfen nicht zu kompliziert ausfallen. Aber eine Essenz vom Reh muss bei mir trotzdem so konzentriert sein, dass der Löffel drin steht.

Das Festspielhaus hat Sie als kulinarischen Berater engagiert. Sie müssten hier gar nicht am Herd stehen – warum tun Sie’s trotzdem gelegentlich?

Ich halte nichts von „Château Bequem“. Und das Festspielhaus ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich will nicht nur alle paar Monate eine neue Karte schreiben, sondern das Beste aus den Möglichkeiten machen. Deshalb mische ich mich auch ins operative Geschäft ein. Mal stehe ich am Pass, mal helfe ich in der Küche beim Anrichten – das macht mir ganz einfach Spaß.

Das kann schwierig werden
für die Brigade, die ständig hier arbeitet, wenn plötzlich der
allseits gefeierte Sternekoch
die Hierarchie aufmischt – und dann wieder geht. Wie reagiert
die Mannschaft auf Sie?

Da muss man Barrieren abbauen. Dem Küchenchef Andreas Hack habe ich gleich das Du angeboten, darüber hat er sich gefreut. Man muss das Kochen unkompliziert angehen – wenn wir nicht als Team funktionieren, wird das nichts.

Wann haben Sie zum ersten Mal im Festspielhaus gekocht?

Beim Gipfeltreffen der G20-Finanzminister. Da hab ich als Hauptgang Zweierlei vom Kalb geschickt, auf Hummus und Kichererbsenragout, dazu gab’s glacierte Spitzmorcheln. Doktor Wolfgang Schäuble hat sich hinterher ausdrücklich bedankt.

Demnächst kommen die
Berliner Philharmoniker zu
den Osterfestspielen nach
Baden-Baden. Was dürfen die Gäste kulinarisch erwarten?

Wir werden drei Menüs auf der Karte haben, daraus kann sich jeder sein Potpourri zusammenstellen. Zum Beispiel: Spargelschaumsuppe mit Zitronenflan, oder Tartar vom Weideochsen mit gegrillten Artischocken, und einen Bonito in Sesamkruste mit Algensalat gibt’s auch.

Haben Sie weitere Ideen für
das Festspielhaus?

Ich bedaure, dass „Aida“ nur an den Spieltagen geöffnet hat. Warum nicht öfter? Ich denke, ein
À-la-carte-Restaurant mit meinem Namen würde genügend Gäste anlocken.

Zu Person:

Harald Wohlfahrt wurde am 7. November 1955 in Loffenau im Nordschwarzwald geboren. Nach seiner Kochlehre in „Mönchs Waldhotel“ in Dobel arbeitete er unter anderem im Restaurant „Stahlbad“ in Baden-Baden und bei Eckart Witzigmann im „Tantris“ in München. 1980 wurde er Küchenchef der „Schwarzwaldstube“ im Hotel „Traube“ in Baiersbronn-Tonbach. Seit seinem Abschied im Sommer 2017 hat er mehrere Verträge als kulinarischer Berater und kocht in wechselnden Engagements.

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Erstellt:
15.03.2018, 07:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 15.03.2018, 07:00 Uhr

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