Der „Casino“-Chef steigt aus

Hans-Peter Horn hört Ende des Jahres auf / Die GWG sucht neuen Pächter

Der Pachtvertrag mit der GWG geht noch bis zum Jahr 2021, doch „Casino“-Wirt Hans-Peter Horn steigt aus gesundheitlichen Gründen früher aus. Bis Ende des Jahres wird er das Tübinger Restaurant noch führen. Dann will der 58-Jährige, der „mit Leib und Seele“ Gastwirt ist, erst einmal zur Ruhe kommen.

30.07.2016

Von Ulla Steuernagel

Birgit und Hans-Peter Horn können sich nur schwer von ihrem „Casino“ trennen. Bild: Sommer

Birgit und Hans-Peter Horn können sich nur schwer von ihrem „Casino“ trennen. Bild: Sommer

Tübingen. Kürzer treten, das geht für Hans-Peter Horn nicht. „Wenn Sie Verantwortung haben, stehen Sie immer unter Strom.“ Entweder ganz oder gar nicht, lautet deshalb seine Maxime und so hat er sich schweren Herzens entschlossen, vorzeitig aus dem Pachtvertrag auszusteigen. In der auf 15 Jahre abgeschlossenen Vereinbarung werden explizit gesundheitliche Gründe als Ausstiegsklausel genannt.

In den zehn Jahren unter der Regie der Familie Horn – Birgit Horn macht die Verwaltung und Tochter Theresa ist im Service tätig – hat sich das „Casino am Neckar“ mit seiner idyllisch am Neckarspitz gelegenen Gartenwirtschaft zu einem gefragten Restaurant entwickelt. Die über 500 Plätze innen und außen müssen versorgt werden: insgesamt 35 Mitarbeiter sind in der Küche und im Service dafür zuständig. Horn, der schon mit elf Jahren als Tellerwäscher im Gasthaus der Tante mithalf, erlernte einst den Beruf des Kochs und bürdete sich schon mit 27 Jahren große Verantwortung auf: Er übernahm die Ausflugsgaststätte Schwärzloch. Nach zwanzig Jahren im Ammertal zog es den ehemaligen WUT-Stadtrat dann doch nach Tübingen. Ende November 2006 eröffnete das neue Casino unter seiner Leitung.

Die ehemalige Offizierskantine war von der GWG aufwändig saniert und zum modernen Gastrobetrieb umgebaut worden. Zusammen mit der Pächter-Wohnung umfasst das Anwesen knapp 1700 Quadratmeter. Sein großer Saal gilt als Traumadresse für Hochzeitsgesellschaften und standesgemäße Familien- und Betriebsfeiern.

Schon im vergangenen Jahr merkte Hans-Peter Horn, dass der Sieben-Tage-Dauerbetrieb an den Kräften zehrt. „Ich habe mich mit den Mitarbeitern zusammengesetzt und beraten, wie man eine geregelte Freizeit erreichen kann.“ Sein engagiertes Team und das Einvernehmen mit den Mitarbeitern ist dem „Casino“-Chef sehr wichtig. Man beschloss gemeinsam und „zum Wohle aller“, den Montag und den Dienstag zu Ruhetagen zu erklären.

Seit Oktober läuft das Casino also im Fünf-Tage-Betrieb. Horn war geradezu gerührt, dass einige Stammtische, denen die neuen Öffnungszeiten den eingespielten Treffpunkt versperrten, dem Haus die Treue hielten und sich auf einen anderen Tag umorientierten. Umso mehr tut es ihm nun leid, dass er dieser Anpassungsleistung mit Schließung begegnen muss.

Doch die Entscheidung stand für Horn außer Frage. Der 58-Jährige wird das Ausspannen aber erst noch lernen müssen, in den letzten Jahren hatte er wenig Gelegenheit dazu: „Die drei Weihnachtstage waren für mich immer die entspanntesten Tage im Jahr.“ Dann nämlich hatte das „Casino“ geschlossen.

Ende des Jahres will der Eigentümer, die GWG, so sagt ihr Geschäftsführer Gerhard Breuninger, schon einen neuen Pächter gefunden haben. „Das Ziel ist, dass es einen nahtlosen Übergang gibt.“ Demnächst werde der Restaurantbetrieb in den regionalen Medien und Fachzeitschriften ausgeschrieben. Für Bewerbungen reiche es nicht etwa aus, „dass einer mal ein Gasthaus betrieben hat“. Da werde schon ein echter Profi mit großer Erfahrung verlangt. Auch der „finanzielle Hintergrund“ müsse stimmen, so betont der GWG-Chef.

Die GWG wird die Gasträume, so wie sie sind, in neue Hände übergeben. Wem die neuen Hände gehören und ob ein individuelles Konzept, die Systemgastronomie oder eine Brauerei den Zuschlag bekommen, ist noch völlig offen. „Ich gehe davon aus, dass es genügend Bewerber geben wird“, sagt Breuninger. Der Gemeinderat hat bei der Vergabe kein Wörtchen mitzureden: Sie ist allein GWG-Sache und wird mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden OB Boris Palmer abgestimmt.

Von der Offiziersspeisung zum Restaurant

1912 überließ die Stadt dem Deutschen Reich das 19 Ar große Grundstück am Neckar für den Bau einer Offiziersspeiseanstalt. In nur zehn Monate ließ das Militärbauamt Stuttgart das Casino für 60 000 Reichsmark erbauen. Die Stadt trug den Löwenanteil der Kosten und erhielt die Option, das Gebäude übernehmen zu können, wenn Tübingen nicht mehr Garnisonsstadt ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Casino zur Speiseanstalt der französischen Offiziere. Nach Abzug der Garnison, Anfang der 90er Jahre, ging es an den Bund und 2001 dann an die Stadt, die es 2005 wiederum an ihre Tochtergesellschaft GWG verkaufte. Die GWG sanierte das Haus für 2,7 Millionen Euro.