Reiten

Hannah hilft

Der Schweizer Steve Guerdat entscheidet den Großen Preis von Stuttgart um Hundertstelsekunden für sich. Dabei stand er schon kurz vor dem Aus.

20.11.2017

Von MANUELA HARANT

Mit angelegten Ohren und Vollgas über die Hindernisse: Siegerstute Hannah mit ihrem Reiter Steve Guerdat. Foto: dpa

Mit angelegten Ohren und Vollgas über die Hindernisse: Siegerstute Hannah mit ihrem Reiter Steve Guerdat. Foto: dpa

Stuttgart. Fast hatte der Schweizer Steve Guerdat den Glauben an einen Weltcup-Sieg in Stuttgart schon verloren. Viermal war er so dicht dran, doch jedes Mal war ein anderer etwas schneller. „Ich dachte wirklich, ich schaffe das hier nie“, sagte der Olympiasieger von 2012. Doch dann kam Hannah. Dank der Schnelligkeit, Wendigkeit und Zuverlässigkeit der Stute knackte Guerdat als drittletzter Starter im Stechen noch die 48,76 Sekunden von Philipp Weishaupt um weitere 67 Hundertstel. Und das Auto mit dem Stern war seiner – „obwohl ich es leider verkaufen muss“, gestand der Schweizer anschließend etwas zerknirscht. Steve Guerdat wird nämlich von einer japanischen Automarke gesponsert.

Dennoch war der 35-Jährige überglücklich. Denn im Normalparcours war Guerdat fast schon draußen. Er ritt Hannah etwas zu dicht an den Einsprung der dreifachen Kombination. Akrobatisch sprang die Stute steil ab, hielt mit größter Mühe das Gleichgewicht über dem Sprung und zog blitzartig die Hinterbeine an. Statt Fehler oder Sturz war damit das Stechen erreicht – die Basis für den späteren Erfolg. „Man sieht es ihr auf den ersten Blick nicht an. Aber je schwerer es wird, desto besser kämpft sie mit. Dadurch ist alles möglich“, schwärmte Guerdat von Hannah, die einem mexikanischen Reiter gehört. Mit dem Sieg hat sie ihren Reiter an die Spitze der Weltcup-Wertung katapultiert und zu einem der Favoriten fürs Finale in Paris gemacht.

Dahinter konnten sich die deutschen Reiter für den bislang enttäuschenden Start in die Hallensaison auf heimischem Boden rehabilitieren. Lange sah es für Schwarz-Rot-Gold nach einem Dreifachsieg aus, letztlich stürmten Philipp Weishaupt auf Asathir, Christian Ahlmann auf Epleaser und Simone Blum auf Alice mit beherzten und hochklassigen Ritten auf Rang zwei, drei und vier.

Für die Newcomerin Simone Blum aus dem oberbayerischen Zolling war es der Abschluss einer traumhaften Premiere in Stuttgart. Mit Alice hatte sie am Freitag bereits den German Master gewonnen und ließ im Weltcup-Stechen mit früher Startnummer erkennen, dass mit ihr und der Fuchsstute auch auf den großen Bühnen des Pferdesports zu rechnen ist. Den Winter über erhält ihr bestes Pferd im Stall allerdings eine dreimonatige Wettkampfpause.

EM-Kür als Höhepunkt

Dass auch in der Dressur die Amazonen für Schlagzeilen sorgten, war schließlich schon weniger überraschend. Wie bereits am Freitag ritt Isabell Werth auch am Wochenende vorneweg. Emotionaler Höhepunkt des Weltcup-Wochenendes war sicherlich die erneute Präsentation ihrer Kür, mit der sie auf Weihegold im Sommer den Europameistertitel gewonnen hatte. Insgesamt waren es vier Triumphe bei vier Starts in Stuttgart. Es war zweifellos die Woche der Damen.