Dem Tod ganz nah

Handball: Saskia Putzke hofft nach schwerer Krankheit aufs sportliche Comeback

Saskia Putzke galt als Ausnahme-Talent, als sie 2013 zu den Metzinger „TusSies“ wechselte. Dann erkrankte die heute 21-Jährige – und wäre gestorben, hätten die Eltern nicht die Ärzte zur schnellen Behandlung gedrängt. Nun ist die Tübinger Studentin am Knie verletzt. Die Gesundheit ist ihr wichtiger als die Karriere.

12.02.2016

Von Moritz Hagemann

Handball: Saskia Putzke hofft nach schwerer Krankheit aufs sportliche Comeback

Metzingen. Saskia Putzke lächelt wieder. Sie lebt. Das war bei der 21-Jährigen schon nicht mehr gewiss. 2013, als sie im Frühjahr plötzlich mysteriös erkrankte. Sie konnte kaum mehr sprechen, nicht mehr sitzen, nicht mehr stehen. Auch nicht mehr schlafen. Und das Schlimmste: Niemand wusste warum. „Ich hab‘ kein Problem damit, darüber heute zu sprechen“, sagt sie. Die 21-Jährige hat die Krankheit überwunden, die sich Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis nennt – eine aggressive Entzündung des Gehirns.

Geschlossene Psychatrie für 14 Tage

Ärzte hielten sie ob der Symptome für psychisch krank. Im Mai 2013 wurde Putzke in die geschlossene Psychatrie eingeliefert. Kurz davor hatte sie einen Drei-Jahres-Vertrag bei den Bundesliga-Handballerinnen der TuS Metzingen unterschrieben. Und ihr Studium des Sportmanagements in Tübingen geplant – bis sich alles änderte. Weil ihre Krankheit kaum erforscht und erst seit 2007 bekannt ist, bekam sie falsche Medikamente. Es ging ihr schlechter, immer schlechter: „Ich konnte mir nicht mal mehr ein Brot schmieren.“

Also wurde Putzke bei einem Neurologen vorstellig – er rettete ihr Leben. Die Entnahme von Nervenwasser sollte der Schlüssel sein. Bis jedoch die genaue Diagnose kam, vergingen einige Wochen. Die Eltern drängten die Ärzte. Sie sollten die notwendige Behandlung doch bitte sofort einleiten – ohne das Testergebnis. „Sie sagen, dass ich es ohne die Behandlung nicht mehr länger als zwei, drei Tage geschafft hätte“, sagt Putzke. Und schiebt leise nach: „Es war relativ knapp, dass ich das überhaupt überlebt habe.“ Saskia Putzke war dem Tod viel näher, als jedem Handball-Feld, auf dem sie ihren Traum ausleben wollte.

Doch sie kämpfte. Blutwäschen, auch Cortison, brachten Putzke zurück ins Leben. Und im November 2013 erstmals ins Trikot der Metzinger „TusSies“. Gegen Leipzig war das, ihr erstes Bundesliga-Spiel. Nachdem sie fast alle motorischen Fähigkeiten neu erlernen musste. Und nach und nach ins Metzinger Teamtraining wieder einstieg. „Ich erinnere mich noch sehr genau daran“, sagt sie über das Spiel gegen Leipzig damals. Wohl auch, weil nicht mehr viele folgten.

Ihr Vertrag läuft aus, die Zukunft ist ungewiss

In ihrer zweiten Saison erhielt Putzke ein Zweitspielrecht für den Zweitligisten SG H2Ku Herrenberg. Einmal erlitt sie einen Jochbeinbruch, vor gut neun Monaten zog sie sich einen Knorpelschaden im Knie zu. Und spielte seither nicht mehr. Dabei gehörte Putzke zu den „größten deutschen Talenten auf ihrer Position“, wie Tus-Geschäftsführer Ferenc Rott gesagt hat, als sie 2013 von Metzingen verpflichtet wurde.

Wie es in der Zukunft weitergeht, „das weiß ich selbst noch gar nicht“, sagt die 21-Jährige. Ihr Vertrag in Metzingen läuft aus. Der Verein sei zwar „sehr kulant“ gewesen, sie hätte immer Unterstützung erfahren. Aber: „Mir fehlt durch die Zeit halt schon wahnsinnig viel. Ich weiß nicht, zu was es noch reicht.“ Außerdem steckt sie im dritten Semester ihres Studiums. Und weil darin auch praktische Teile enthalten sind, seien weitere Verletzungen kontraproduktiv. „Das Studium ist für mich wichtiger als Handball“, sagt sie. Die Gesundheit gehe vor, das habe sie von all dem mitgenommen.

In Taufkirchen bei München geboren, ging Putzke schon als 16-Jährige weit weg von zuhause. Nach Ostwestfalen, ans Handballinternat des Bundesligisten HSG Blomberg-Lippe. Dabei war der Weg der einstigen Junioren-Nationalspielerin vorgezeichnet. Schon Mutter Vanadis war deutsche Nationalspielerin. Sogar auf derselben Position: Rückraum-Mitte. „Aber eigentlich bin ich nicht durch sie zum Handball gekommen“, erzählt die 21-Jährige. Sie habe das mit einem Kumpel in jungen Jahren mal ausprobiert. Und erst später erfahren, in welche Fußstapfen sie familienintern trete.

Innerhalb der Familie sei ihre schlimme Krankheit immer mal wieder ein Thema. „Meine Mama hat immer gesagt, dass ich psychisch stark bin“, sagt sie. Das habe einst geholfen zu beweisen, dass sie in der geschlossenen Psychatrie falsch aufgehoben sei. Und soll nun helfen den Weg zurück aufs Handball-Feld zu ebnen: „Ich hoffe, dass ich in den nächsten Wochen wieder voll ins Training einsteigen kann.“ Dann hätte Putzke einmal mehr ein Comeback geschafft. Und wieder Grund zu lächeln. Vereinsbild

„TusSies“ treffen in zwölf Tagen drei Mal auf Leipzig

Am 17. Februar (19.30 Uhr) spielen die TuS Metzingen und der HC Leipzig zunächst in der Metzinger Öschhalle gegeneinander – im Spitzenspiel der Bundesliga. Leipzig steht aktuell auf Rang zwei, Metzingen ist eine Position dahinter rangiert. Und hungrig: „Ich glaube, dass die Chancen gut stehen, sie zu schlagen“, sagt Metzingens Saskia Putzke, die verletzt nur zuschauen kann. Auch am kommenden Freitag (19. Februar, 20 Uhr) in der Tübinger Paul-Horn-Arena: bei Teil II des Duells Metzingen gegen Leipzig. Dann im Europapokal. Es ist das Viertelfinal-Hinspiel im EHF-Cup. „Wir haben gezeigt, dass wir mit Leipzig mithalten können“, sagt Putzke. Sie erwartet eine enge Partie, für die noch ausreichend Tickets zu haben sind. Und Metzingen hat auch noch eine Rechnung offen: Anfang Januar siegte Leipzig im deutschen Pokal-Viertelfinale mit 32:27. Das Rückspiel im EHF-Cup findet dann am 28. Februar in Leipzig statt. Der Gewinner trifft im Halbfinale auf die Däninnen aus Odense oder auf Brasov (Rumänien).