Forstwirtschaft

Hamstern in der Holzbranche

Der Markt ist leergefegt, die weltweite Nachfrage treibt die Preise. Viel geht in den Export, zusätzlich horten manche Verarbeiter Material.

11.05.2021

Von CAROLINE STRANG

Hier wird Rohholz in einen Container verladen, der nach China verschifft werden soll. Foto: Thomas Frey/dpa

Hier wird Rohholz in einen Container verladen, der nach China verschifft werden soll. Foto: Thomas Frey/dpa

Ulm. Solch eine Situation gab es am Holzmarkt noch nie. Es gebe zur derzeitigen Marktlage des Nadelschnittholzes und der entsprechenden Weiterverarbeitungsprodukte schlichtweg keine historische Parallele, sagt Marcus Kirschner, Geschäftsführer des Bundesverbands Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE). Die Versorgungslage sei angespannt über alle drei essenziellen Aspekte zur Aufrechterhaltung der Produktion hinweg: Verfügbarkeit, Lieferzeit, Preis. So seien für mehr als 90 Prozent der Unternehmen der Branche bestimmte Sortimente nur noch eingeschränkt verfügbar. Lieferzeiten hätten sich deutlich verlängert – und die Preise hätten sind innerhalb von zwölf Monaten mehr als verdoppelt.

Dabei gibt es eigentlich genug Rohholz im Wald. In den vergangenen beiden Jahren ist durch Hitze, Stürme und vor allem den Borkenkäfer viel Schadholz angefallen. Auch die Sägewerke arbeiten auf Hochtouren. Mehr als 25 Millionen Kubikmeter wurden in den Werken der Säge- und Holzindustrie gefertigt, das ist ein Plus von 8 Prozent.

Warum also ist Holz so teuer und wie kann es in Deutschland zu Versorgungsengpässen kommen? Holger Weimar vom Thünen-Institut für Internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie führt das einerseits auf eine sehr hohe Nachfrage zurück – sowohl im Inland als auch global. Das liege am ungebrochenen Bauboom und auch am in der Corona-Krise florierenden Do-it-Yourself-Sektor. In China und den USA wird viel Holz gebraucht, das lässt vor allem in den USA die Preise extrem schnell steigen. Mark Dowding, Anlagestratege bei BlueBay Asset Management vergleicht die Entwicklung im „Handelsblatt“ sogar mit dem Bitcoin-Boom: „Die Holzpreise zeichnen die Entwicklung der Märkte für Kryptowährungen nach.“

Das lässt den Markt in Deutschland nicht unberührt. Viele Lieferanten und Händler bieten ihre Ware in dem Markt an, in dem sie am meisten verdienen können. Branchenkenner können sich durchaus vorstellen, dass manche Händler derzeit auch Order zurückhalten, um zu versuchen, ihre Waren in den lohnenderen Märkten abzusetzen. Oder aber sie versuchen, die bestehenden hohen Preise auch im heimischen Markt durchzusetzen.

Die Entwicklungen haben deutliche Auswirkungen auf die Betriebe. Fridtjof Ludwig, Pressesprecher im Bundesinnungsverband des Tischler- und Schreinerhandwerks, spricht von einer ungewöhnlichen Preisspitze und Lieferschwierigkeiten, auf die sich die Betriebe im Moment einstellen müssten. Der Verband rät daher, kurzfristiger zu planen. „Denn wenn ein Auftrag angenommen ist, steht der Betrieb grundsätzlich in der Bringschuld und der Kunde hat Ansprüche.“ Und ob die ohne Weiteres eingehalten werden könnten, liege derzeit auch an den äußeren Umständen.

Für Kirschner wird der Holz- und Palettenmarkt derzeit zusätzlich von einem „Klopapier-Effekt“ getroffen: Alle versuchen zu bekommen, was verfügbar ist, denn morgen steigen die Preise weiter und das Material wird immer knapper. „Damit ist eine Spirale in Gang, die sich immer weiter selbst befeuert.“

Das befürchtet auch Steffen Rathke, Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrats (DHWR). „Ich kann nur alle Marktpartner zur Besonnenheit aufrufen, wir dürfen nicht in Hysterie verfallen und durch Hamsterkäufe oder Boykottaufrufe die Lage weiter befeuern“, sagt er eindringlich. Sein Appell richtet sich auch auch an die Forstwirtschaft. Die hatte mit einem Boykott gedroht, weil die hohen Preise bei Waldbauern bisher nicht durchschlagen.

Es herrsche eine extreme Verunsicherung am Markt, fasst Jörn Kimmich, Präsident des DeSH zusammen. Er geht davon aus: „Nachfrage- und Preisschwankungen, wie wir sie aktuell erleben, wird es künftig vermutlich häufiger geben“.