Interesse an Einhorn
Hamburger Investor will einsteigen
Die Privatkapital-Gesellschaft Ozcapital Holding will den insolventen Hemdenhersteller Einhorn in Kirchentellinsfurt übernehmen.
Kirchentellinsfurt. Man sei durch Presseberichte auf die Schwierigkeiten bei Einhorn aufmerksam geworden, heißt es in einem Schreiben, das gestern dem TAGBLATT zu ging. Gegenüber dem Insolvenzverwalter, dem Reutlinger Rechtsanwalt Jürgen Sulz, habe man bereits mündlich und schriftlich Interesse an der Übernahme des Kirchentellinsfurter Textilunternehmens bekundet. Weitere Gespräche seien für die nächsten Tage und Wochen geplant.
Sulz war gestern fürs TAGBLATT nicht zu sprechen. Der Insolvenzverwalter habe, so der Sprecher der Ozcapital Holding Jan C. Rode, zunächst „weitere Unterlagen“ angefordert. Der Hamburger Finanzinvestor sei nicht nur an der Marke Einhorn interessiert. „Es wird auch um die Produktion gehen“, so Rode. Es handele sich schließlich um ein „Qualitätsprodukt“. Sollte die Ozcapital Holding in dem Kirchentellinsfurter Unternehmen mit derzeit noch 65 Beschäftigten einsteigen, wolle man „so viele Mitarbeiter wie möglich und nötig“ übernehmen, sagte Rode.
Der Hamburger Private-Equity-Investor wurde erst im November 2009 gegründet und ist bisher vor allem im Tourismusbereich und in der Medienbranche aktiv. Geschäftsführender Gesellschafter ist Olaf Zachert, ein ehemaliger TV-Journalist bei den Privatsendern RTL und Bloomberg. Im Beirat des Unternehmens sitzt Helmut Thoma, langjähriger RTL-Chef. Zuletzt hatte der Investor mit dem Aufkauf zahlreicher Reisebüros für Aufsehen gesorgt. Ein Touristik-Fernsehkanal ist im Aufbau.
Jetzt will das Unternehmen offensichtlich auch im Textilbereich Fuß fassen. Erst im Oktober bekundete die Kapital-Holding Interesse an dem Kindermode-Anbieter Lybwylson aus Pforzheim. Die Kontakte und Beteiligungen im Medien- und Touristikbereich böten viele Möglichkeiten für eine Marketing- und Vetriebsoffensive, findet der Ozcapital-Sprecher Rode: „Warum sollten die Leute in den Reise-Filmen nicht alle Einhornhemden tragen?“
„Wir suchen uns traditionsreiche Firmen aus“, sagt der Sprecher zur Einkaufspolitik der Hamburger Kapitalgesellschaft. „Die Kassen sind gefüllt.“ Im übrigen gehöre es zur Philosophie des Unternehmens, „ein bisschen Abstand“ zu nehmen „von den Multimillionen-Gewinnen“, distanziert sich Rode von anderen Unternehmen aus der Private-Equity-Branche und deren Heuschrecken-Politik, aufgekaufte Firmen finanziell ausbluten zu lassen.
Brief an den
alten Investor
Mit diesem Geschäftsmodell hat die Belegschaft der Einhorn Mode Manufaktur (Zeeb und Hornung) leidvolle Erfahrungen gemacht. Im Jahr 2007 wurde der bereits damals marode Betrieb von der Kapital-Beteiligungsgesellschaft Aurelius übernommen. Statt, wie versprochen, zu investieren, schickte der Münchner Finanzinvestor ständig neue Geschäftsführer. Teils waren drei Manager zugleich verantwortlich. Die Geschäftsleitung versuchte der Belegschaft immer mehr Arbeit zu weniger Lohn abzupressen – ohne konkrete Geschäftszahlen vorzulegen.
Zuletzt kündigten die zwei wichtigsten Lizenzgeber. Im August erklärte Aurelius Einhorn für zahlungsunfähig. Ende Oktober wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die von 85 auf 65 geschrumpfte Belegschaft erhielt die Kündigung. Bis Ende Februar sollte der 1924 gegründete Betrieb stillgelegt werden.
Gestern schickte die Belegschaft einen Brief an den Investor Aurelius. Darin werden viele Fragen gestellt. Zum Beispiel diese: „Gerne hätten wir gewusst, was Aurelius in Einhorn investiert hat! Und wurde das, was investiert wurde, wieder von Aurelius zurück geholt? Wenn ja, wie kann dann von einer Investition gesprochen werden?“ Außerdem wollen die Einhornmitarbeiter von Aurelius-Chef Dirk Markus wissen, weshalb Aurelius im August mit einen zweistelligen Millionenbetrag bei der Reederei Deilmann und ihrem Luxuskreuzer „Traumschiff Deutschland“ einstieg, aber weitere Investitionen in Einhorn nicht möglich waren. uha