Lebensmittel

Hybrid-Hack: Halb Fleisch, halb Gemüse

Rewe ist der erste Händler in Deutschland, der Hybrid-Hackfleisch verkauft. Warum, wieviel kostet das und ist es gesund?

03.08.2021

Von CAROLINE STRANG

Sieht aus wie Hackfleisch, besteht aber nur zur Hälfte aus Fleisch. Hybrid-Produkte sollen helfen, den Fleischkonsum zu senken. Foto: Rewe

Sieht aus wie Hackfleisch, besteht aber nur zur Hälfte aus Fleisch. Hybrid-Produkte sollen helfen, den Fleischkonsum zu senken. Foto: Rewe

Berlin. Zwei Jahren lang wurde an diesem Produkt getüftelt, nun präsentiert Rewe als erster Lebensmittelhändler in Deutschland sogenanntes Hybrid-Fleisch. „Better half“, die bessere Hälfte, nennt die Supermarktkette das Rinderhackfleisch und die Bratwürste, die zur Hälfte aus Gemüse bestehen. Damit sollen Verbraucher angesprochen werden, „die ihren Fleischkonsum reduzieren möchten – aber ohne Genusseinbußen“, wie die Verantwortlichen verlauten lassen. Im Moment sind die Produkte erst in rund 1800 Märkten in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Saarland erhältlich, voraussichtlich im Herbst soll es sie in jedem Rewe geben. Das Sortiment soll dann noch auf Wurst ausgeweitet werden. Das Rinderhackfleisch ist in der 400-Gramm-Packung für 3,79 Euro erhältlich, die Schweinebratwurst gibt es im Dreierpack mit 300 Gramm und kostet 2,49 Euro.

Nach dem ersten folgte Ende Juli der zweite Händler mit einer ähnlichen Ankündigung. Ab sofort bietet Netto Marken-Discount unter dem Namen „Less Meat“, wenig Fleisch, Rinderhackfleisch mit 34 Prozent Gemüseanteil an. Es ist bundesweit in allen 4260 Netto-Filialen erhältlich, die 400-Gramm-Schale kostet bei dem Edeka-Discounter 2,99 Euro.

„Knackerli“ in der Schweiz

Doch was ist drin, wenn nur noch die Hälfte des Fleisches wirklich Fleisch ist? „ Die in den Fleischprodukten verarbeitete Gemüsezubereitung enthält Paprika, Möhren, Zwiebeln, Tomaten, Erbsenmehl, Kräuter und natürliche Gewürze, jedoch keine Geschmacksverstärker“, sagt Rewe-Sprecher Thomas Bonrath. Entwickelt wurde der Mix beim Rewe-Ableger Wilhelm Brandenburg.

In der Schweiz gibt es Hybrid-Produkte schon ein wenig länger. Das Sortiment von „The Mix“ der Supermarktkette Migros umfasst laut Händlerangaben Burger, Grillwürste, Nuggets, Gehacktes, Hackballs und das hybride Würstchen „Knackerli“. Der Fleischanteil ist um mindestens 40 Prozent reduziert und durch pflanzliche Bestandteile wie Karotten, Tomaten, Champignons oder Erbsenprotein ersetzt, so der Händler.

Hybrid-Hack: Halb Fleisch, halb Gemüse

Das hybride Hack, so Boneth, enthalte deutlich weniger Fett und Kalorien als klassisches Rinderhack. Ist es deshalb gesünder? „Es enthält auf jeden Fall weniger tierische Fette“, bestätigt Nino Terjung, Abteilungsleiter Produktinnovation bei der DIL Technologie GmbH. Allerdings sei es schon eher Glaubenssache, was man ernährungstechnisch für gut halte, sagt er. „Grundsätzlich spricht nichts gegen Hybrid-Produkte, wenn sie gut und klar deklariert sind.“ Es mache heutzutage niemand mehr so etwas heimlich. „1970 war das noch anders, da hat man einfach Sojaprotein in die Wurst eingearbeitet, um Fleisch zu sparen“, sagt Terjung. Heute werde alles klar ausgezeichnet und damit sogar ein Marketingeffekt genutzt. 2012 habe es bereits ein ähnliches Produkt im Markt gegeben, aber dagegen seien Verbraucherschützer Sturm gelaufen. „Heutzutage sieht es anders aus, weil die Welt offener und weiter ist.“

Die Idee hinter den Neuentwicklungen ist für den Experten klar. „Es geht darum, weniger Fleisch zu konsumieren und die Kunden heranzuführen an eine andere Ernährung oder ein anderes Konsumverhalten.“ Natürlich könne man auch einfach so weniger Fleisch essen, aber es sei praktisch, dass in einem Produkt wie Hackfleisch, das man sonst auch gerne kaufe, noch Gemüse mit drin ist. Er stellt einen Vergleich mit dem Thema Impfen an.

Fleisch und Gemüse vereint: Bei Rewe und Netto gibt es nun kombinierte Produkte. Foto: Montage Bock Rewe

Fleisch und Gemüse vereint: Bei Rewe und Netto gibt es nun kombinierte Produkte. Foto: Montage Bock Rewe

Eigentlich könnte ja inzwischen auch jeder Erwachsene zum Impfen gehen. Das passiere aber nicht. „Darum kommt das Impfen zu den Menschen sogar an die Supermärkte“, sagt er. Das Gemüse komme einfach direkt in die Fleischpackung. Ein gutes Hybrid-Produkt zu entwickeln, sei nicht allzu schwierig, meint der Experte. Man müsse Dinge beachten, die sonst auch gelten wie zum Beispiel, dass es gleiche Verarbeitungseigenschaften aufweise oder mikrobiologisch sauber und stabil ist. In Frikadellen mische man ja auch Brot, Ei und Gewürze mit dem Hackfleisch. „Wenn man allerdings nicht nur Gemüse, sondern zum Beispiel ein Pflanzenprotein nutzen will und auch noch will, dass Mundgefühl und Biss dem des Fleisches sehr ähnlich sind, wird es aufwändiger“, sagt Terjung.

Nach den Kundenreaktionen gefragt, erinnert der Pressesprecher an die kurze Spanne, die das Produkt erst im Kühlregal zu finden sein. Aber: „Mit der Verkaufsentwicklung sind wir aktuell zufrieden. Mit zunehmender bundesweiten Präsenz in den Märkten und begleitender Bewerbung rechnen wir auch mit wachsender Wahrnehmung und Kaufbereitschaft bei den Kunden.“ Für weitergehende Beurteilungen sei es noch zu früh.

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Erstellt:
03.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 03.08.2021, 06:00 Uhr

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