Gundermann

Gundermann

Biopic über den Musiker und Baggerfahrer Gerhard Gundermann, der von seiner Vergangenheit als Stasi-Mitarbeiter eingeholt wird.

22.08.2018

Von Madeleine Wegner

Gundermann
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Nach Berlin sind es 143 Kilometer. Doch das Leben spielt sich für Gundi hier ab, hier in Hoy Woy. „Dir sind wir treu/ Du blasse Blume auf Sand/ Heiß, laut, staubig und verbaut/ Du schönste Stadt hier im Land“, besingt Gerhard Gundermann seine Heimatstadt Hoyerswerda.

Andreas Dresen porträtiert in seinem neuen Film „Gundermann“ den Liedermacher und Baggerfahrer 20 Jahre nach dessen Tod. Dazu verschränkt er sinnigerweise zwei Zeitebenen miteinander: Ein paar Jahre nach der Wende – Gundermann will mit einer neuen Band auf Tour gehen. Tournee, Familienleben und Schichtarbeit im Tagebau versucht er unter einen Hut zu bringen. Doch seine Stasi-Akte wird immer mehr zum Thema.

Auf der anderen Seite: 1975, Gundi (teils zum Verwechseln ähnlich: Alexander Scheer) ist wegen seiner Aufmüpfigkeit gerade aus dem Militär rausgeflogen, jetzt mischt er den Singeklub seines Betriebs auf. Jugendliebe Conny (Anna Unterberger) ist auch dabei, aber mit einem gemeinsamen Freund verheiratet.

Gundi will in die Partei, er ist überzeugter Kommunist: „Wenn‘s die nicht schon gäbe, die Weltanschauung, dann hätte ich da auch selber drauf kommen können“, versucht er den SED-Betriebsparteisekretär zu überzeugen. (Später wurde Gerhard Gundermann wegen seiner „prinzipiellen Eigenwilligkeit“ und „Nicht-Einfügen in die Kollektivität“ wieder ausgeschlossen).

Ob Mitte der 1970er oder Anfang der 90er: In all den Jahren bleibt er Baggerfahrer im Braunkohle. Das Rad dreht sich unablässig, die Maschinerie läuft. Und so, wie die Erde verschwindet beim Abbau der Braunkohle – fast bis zum Horizont reicht die dunkelgraue Wüste – so verschwindet mit der Wende auch Gundis geliebtes Land.

„Gundermann“ ist nicht nur ein schön fotografierter und handwerklich gut gemachter Film. Die gelungene Filmbiografie liefert darüber hinaus einen kaum vergleichbaren Einblick in die DDR und in die offenen Wunden nach der Wiedervereinigung.

Gundermann macht den Mund auf, wenn ihm was stinkt und er prangert Missstände an – egal, ob er damit einem Genossen auf den Schlips treten könnte. Wie passt das mit dem Mann zusammen, der über Jahre die Stasi mit detaillierten und persönlichen Informationen aus seinem Bekannten- und Freundeskreis beliefert hat?

Dieser Frage spürt der Film nach. Dresen und Laila Stieler (Drehbuch) lassen sich Zeit beim Erzählen und das ist gut so. Denn es braucht Zeit, Gundermann näher zu kommen, diese Persönlichkeit aus verschiedenen Perspektiven kennenzulernen und in sein kurzes, doch vielschichtiges Leben einzutauchen.

Zwar enttäuschen manche der Darsteller , doch das gleichen andere wieder aus, etwa Bjarne Mädel als Parteisekretär, Eva Weissenborn als Baggerfahrerin und vor allem Alexander Scheer als Gundermann.

Liefert ein faszinierendes Porträt und zugleich einen hervorragenden Einblick in ein untergegangenes Land.

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Erstellt:
22.08.2018, 17:07 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 21sec
zuletzt aktualisiert: 22.08.2018, 17:07 Uhr

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