Flüchtlinge

Grüne verärgert über Gentges

Aktuelle Lage in Afghanistan lässt Differenzen in der Koalition wieder aufbrechen.

24.08.2021

Von LSW

Stuttgart. In der grün-schwarzen Koalition gibt es Streit über ein mögliches Landesprogramm zur Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen. Angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban dringt Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand darauf, über Familiennachzug deutlich mehr Menschen aufzunehmen als bisher in Deutschland vorgesehen. Justizministerin Marion Gentges (CDU) lehnte dieses Ansinnen ab und verwies auf das Bundesprogramm zur Aufnahme von Ortskräften, an dem sich der Südwesten beteilige. Das löste bei den Grünen Verärgerung aus. Es gebe „erheblichen Gesprächsbedarf“, hieß es am Montag aus Grünen-Kreisen in Stuttgart.

Hildenbrand hatte in einem Positionspapier geschrieben: „Die menschenverachtenden Taliban haben die Macht übernommen und viele Menschen müssen um ihr Leben fürchten. Es muss jetzt darum gehen, dass wir möglichst viele Menschen retten.“ Das Papier sei mit der grünen Seite der Landesregierung und der Fraktion abgestimmt, hieß es. Darin schreibt Hildenbrand weiter: „Mit einem eigenen Landesaufnahmeprogramm für Menschen aus Afghanistan wollen wir getrennte Familien zusammenbringen. Es soll insbesondere über Anträge von in Baden-Württemberg lebenden afghanischen Angehörigen umgesetzt werden.“

Gentges erklärte dagegen in der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“, man sei sich in der Regierung einig, dass man sich nur am Bundesprogramm zur Aufnahme der Ortskräfte beteilige. Demnach will Baden-Württemberg bis zu 1100 Ortskräfte und Verwandte aufnehmen. Gentges fügte hinzu: „In einen gegenseitigen Überbietungswettbewerb zu gehen, wird der Sache nicht gerecht.“ Allerdings arbeitet etwa Schleswig-Holstein an einem eigenen Aufnahmeprogramm.

Eine Sprecherin von Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte: „Der Ministerpräsident und auch die Justizministerin haben klar signalisiert, dass Baden-Württemberg für Hilfe bereitsteht. Aus Sicht des Staatsministeriums sind jetzt dringend Gespräche auf Bund-Länder-Ebene notwendig, um die Hilfe bestmöglich zu koordinieren.“ Das gelte auch für die Frage, ob und welche sinnvollen flankierenden Hilfsmaßnahmen der Länder möglich seien.

„Gebot der Humanität“

Hildenbrand mahnt in seinem Papier zur Eile: „Uns erreichen zahlreiche Anfragen von verzweifelten Menschen, deren Familienangehörige sich in Afghanistan in größter Gefahr befinden oder die vor dieser Gefahr in Anrainerstaaten geflohen sind.“ Es sei „ein Gebot der Humanität, dass wir diesen Familien hier bei uns eine Perspektive für ein gemeinsames Leben in Sicherheit und Freiheit eröffnen“.

Unterstützung kam von Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Ein Landesprogramm sei eine „adäquate Möglichkeit“, den in Afghanistan bedrohten Menschen zu helfen, sagte er. Zunächst müsse die Bundesregierung aber alles tun, um alle Ortskräfte und ihre Familien nach Deutschland zu bringen. „Das dauert mir viel zu lange“, kritisierte Schwarz. dpa

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Erstellt:
24.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 24.08.2021, 06:00 Uhr

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