Gesetze

Gremium: Verwaltung muss leistungsstärker werden

Der Normenkontrollrat rügt: Staatlicher Vollzug ist teurer als die Ausgaben der Wirtschaft.

17.09.2021

Von dpa

Pocht auf Effektivität: Johannes Ludewig. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa Pool/dpa

Pocht auf Effektivität: Johannes Ludewig. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa Pool/dpa

Berlin. Deutsche Verwaltungsbehörden haben zuletzt mehr Geld für die Umsetzung von Gesetzen ausgegeben als die Wirtschaft. Zwischen Juli 2020 und Juli 2021 stiegen die Ausgaben deutscher Verwaltungen dafür um 5,1 Milliarden Euro auf insgesamt 7,2 Milliarden Euro. Erstmalig lag damit der sogenannte Erfüllungsaufwand weit höher als der in der Wirtschaft (4,1 Milliarden Euro). Das geht aus dem Jahresbericht des Beratungsgremiums Normenkontrollrat (NKR) der Bundesregierung hervor.

Der Rat hat die Aufgabe, Bürokratie zu reduzieren um Kosten für Bürgerinnen und Bürger, Verwaltungen sowie die Wirtschaft zu verringern.

Drei Gesetze beeinflussten den rasanten Anstieg der Ausgaben demnach maßgeblich: Das Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung, das Gesetz zur Einführung der Grundrente sowie das Ganztagsförderungsgesetz. So stieg etwa beim Zoll und der Deutschen Rentenversicherung der Personalaufwand. „Dieser Befund muss ernstgenommen werden und stellt für die nächste Mandatszeit des NKR und die nächste Bundesregierung eine neue Herausforderung dar“, hieß es im Bericht.

„An Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der Verwaltung bestehen Zweifel – und dies nicht erst seit der Corona-Krise“, sagte Johannes Ludewig, Vorsitzender des NKR. Ein Beispiel ist der Kinderzuschlag: Erziehungsberechtigte mit geringem Einkommen könnten zwar zusätzliches Geld für ihre Kinder beantragen. Laut Bericht scheiterten aber 60 Prozent der Berechtigten an der bürokratischen Hürde.

Es fehlt an Expertenwissen

Digitale administrative Angebote sollten Ludewig zufolge in Zukunft ausgeweitet werden. Laut Onlinezugangsgesetz sollen „alle relevanten Verwaltungsleistungen“ bis 2022 digitalisiert worden sein. „Für eine moderne Verwaltung ist die Digitalisierung sicher eine notwendige, aber eben noch keine hinreichende Bedingung.“ Bessere Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie mehr Standardisierung der Prozesse seien dabei entscheidend, so Ludewig. Eine weitere Forderung: Expertenwissen soll bei Gesetzesvorhaben miteinbezogen werden, um bessere Rechtsetzungsverfahren zu ermöglichen. „Überbordende Bürokratie hemmt unternehmerisches Handeln, Innovation und dringend notwendige Investitionen“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian, betonte die Bedeutung von Wirtschaftsvertretern bei Gesetzgebungsverfahren.