Geldpolitik

Greenpeace will EZB zum Klimaschutz zwingen

Ist die Zentralbank verpflichtet, ihre Anleihekäufe nach Kriterien der Nachhaltigkeit auszurichten?

19.06.2021

Von ROLF OBERTREIS

Skeptisch in Sachen Klimaengagement der EZB: Chefin Christine Lagarde. Foto: Armando Franca/AP/dpa

Skeptisch in Sachen Klimaengagement der EZB: Chefin Christine Lagarde. Foto: Armando Franca/AP/dpa

Frankfurt/Main. Ob die Europäische Zentralbank (EZB) künftig in ihrer Geldpolitik den Kauf von nachhaltigen und klimaschonenden Unternehmensanleihen bevorzugen wird, ist offen. Aber der Druck wächst. Nach Ansicht der Umwelt-Organisation Greenpeace ist die Notenbank dazu sogar verpflichtet, weil sie die Politik der Europäischen Kommission unterstützen muss. Dies behauptet Greenpeace in einem Rechtsgutachten.

Klimaschutz sei Menschenrecht und konstitutives Element der EU, sagt die Juristin Roda Verheyen, die das Gutachten im Auftrag von Greenpeace erstellt hat. Sie war auch an der – erfolgreichen – Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Klimapolitik der Bundesregierung beteiligt. Die Verpflichtung für die EZB ergebe sich trotz ihrer Unabhängigkeit aus europäischen Verträgen. „Kritiker einer grünen Geldpolitik behaupten gerne, Klimaschutz falle nicht ins Mandat der EZB. Diese Lesart ist offensichtlich falsch“, sagt Greenpeace-Finanzexperte Mauricio Vargas. „Die Unabhängigkeit als Vorwand für eine nachweislich äußerst klimaschädliche Geldpolitik anzuführen ist nicht länger hinnehmbar.“ Greenpeace zufolge klagt eine belgische Umweltorganisation gegen die belgische Zentralbank. Die könnte in Ende 2022 vor dem EuGH landen. Greenpeace erwägt auch selbst zu klagen, sollte die EZB in ihrer derzeit laufenden Strategieüberprüfung die Klimafrage nicht auch zum festen Bestandteil ihrer Anleihekäufe machen.

Während sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde in Sachen Klimawandel zuletzt zurückgehalten hat, sorgte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann Anfang Juni für eine Überraschung. Er hatte sich bisher zur Rolle der EZB bei der Bekämpfung des Klimawandels skeptisch geäußert. Weidmann schlägt jetzt vor, „dass das Eurosystem künftig Wertpapiere nur dann erwerben oder als Sicherheiten zulassen sollte, wenn deren Emittenten bestimmte klimabezogene Berichtspflichten erfüllen“. Mit anderen Worten: Die EZB könnte zwar nicht gezielt mehr „grüne“ Anleihen kaufen, dafür aber weniger „braune“ – etwa von Unternehmen aus dem Bereich fossiler Energien.

Volker Wieland, Finanzprofessor an der Frankfurter Goethe-Universität, hält es für legitim, dass die EZB in ihrem Risikomanagement auch Klimarisiken berücksichtigt. Dies sei ein völlig anderer Ansatz, als gezielt „grüne“ Anleihen zu kaufen. „Die EZB kann keine große Rolle beim Klimaschutz spielen“, sagen Ökonomen der Commerzbank. Sie habe keine geeigneten Instrumente. Sie warnen vor einem „gefährlichen Zielkonflikt“ – der Entscheidung zwischen Preisstabilität und dem Klimaziel. Rolf Obertreis

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Erstellt:
19.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 06sec
zuletzt aktualisiert: 19.06.2021, 06:00 Uhr

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