Turnen
Gold-Hoffnung Dauser: Von der Liege in den Olymp?
Das Männer-Team verpasst die Final-Teilnahme deutlich. Debütantin Kevric besser als Biles.
Paris. Es war wieder einmal eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Am Laptop im Deutschen Haus wurde aus der Befürchtung Gewissheit: Die Turner sind im Mannschaftsfinale nicht dabei. Wieder einmal. Was auch an Lukas Dausers Bizeps liegt, denn der verhinderte, dass der Barren-Weltmeister alle Geräte turnen konnte. Für den deutschen Top-Turner selbst lebt der Traum weiter.
Stunden nach dem Auftritt in der Arena Bercy saßen Dauser, Nils Dunkel, Andreas Toba, Pascal Brendel und der junge Ludwigsburger Timo Eder im Deutschen Haus und mussten mit ansehen, wie Mannschaft um Mannschaft an ihnen vorbeizog. 245,395 Punkten reichten letztlich nur zum elften Platz. „Dass es auch so deutlich nicht gereicht hat, macht mich schon ein bisschen traurig“, sagte Dunkel. Er zog als einziger ins Mehrkampffinale ein.
Direkt nach der Landung am Barren hatte Dausers auf den Mann gezeigt, der das Wunder ermöglicht hatte. Ein Wunder nämlich sei es, „dass ich hier stehe und turnen kann“, sagte der Hachinger im Bauch der Bercy-Arena von Paris. Ein „sehr großes“ sogar. Physiotherapeut Cyrus Salehi habe es möglich gemacht: „Er hat mich die letzten fünf Wochen nicht von der Liege gehen lassen. Dass ich hier bin, ist ein großer Verdienst von ihm.“
Gerade mal fünf Wochen ist es her, dass sich der Sportler des Jahres 2023 bei der nationalen Quali in Rüsselsheim ein Muskelbündel im rechten Bizps gerissen hatte. Es begann ein Wettlauf mit der Zeit. Ausgang ungewiss. Jetzt aber turnt der Barren-Weltmeister in Paris. „Im Wettkampf habe ich gar nichts gemerkt“, beantworte er die Frage nach den Schmerzen, „das ist das Adrenalin.“ Und außerdem sei er ja gar nicht verletzt – zumindest habe er sich das eingeredet, um sich voll auf die Übung fokussieren zu können, sagte Dauser. Außer am Barren konnte der Sportsoldat nur am Boden antreten. Wohl auch deshalb fehlten dem deutschen Team, bei dem sich viele Standfehler summierten, entscheidende Punkte.
Belenki beeindruckt
Dass Dauser an seinem Paradegerät ablieferte, sorgte selbst beim Stuttgarter Valeri Belenki für feuchte Augen: „Das war eine Wahnsinnsleistung, vor der ich den allerhöchsten Respekt habe“, sagte der Cheftrainer, dem nach dem Scheitern des Teams aber das Aus droht.
Eine andere Stuttgarterin strahlte übers ganze Gesicht: Olympia-Debütantin Helen Kevric hat US-Turnstar Simone Biles geschlagen – wenn auch nur an einem Gerät. Die 16-Jährige bekam für ihre Übung am Stufenbarren 14,600 Punkte und damit 0,167 Zähler mehr als die viermalige Olympiasiegerin, die aber noch nicht alles zeigte: „Darauf bin ich sehr stolz. Ich kann sagen, ich habe Simone Biles an einem Gerät geschlagen.“
Im Vierkampf kam Kevric trotz eines Abgangs am Balken auf 53,865 Punkte. „Der Absturz am Balken war schade und dann noch der Sprung raus aus der Bodenfläche“, zählte sie ihre Fehler auf und bewertete ihren Auftritt mit einem „Mitteldaumen“ statt Daumen hoch. Vorbei sind die Spiele für Pauline Schäfer-Betz. Die 27-Jährige aus Chemnitz kam an ihrem Spezialgerät Balken nur auf 13,366 Punkte. sid/dpa