Katholiken

Gläubige kehren Kirche den Rücken

Austrittswelle nach zurückgehaltenem Missbrauchsgutachten. Pfarrer schreiben Brandbriefe.

01.02.2021

Von ELISABETH ZOLL

Köln. Die Abstimmung mit den Füßen hat längst begonnen. Im Erzbistum Köln treten massenweise Gläubige aus der Kirche aus. Rund 1000 Christen kehren ihr pro Monat den Rücken – mehr als jemals zuvor. Das Amtsgericht Köln bietet 640 Termine pro Monat für den Kirchenaustritt. Diese reichen nicht mehr aus, seit die Bistumsspitze um Kardinal Rainer Maria Woelki wegen eines zurückgehaltenen Missbrauchsgutachtens Schlagzeilen macht. Woelki setzt auf eine Neufassung durch den Strafrechtler Björn Gercke. Sie soll am 18.?März veröffentlicht werden.

Doch so lange wollen sich viele Gläubige nicht mehr gedulden. Bis Ende März sind die Termine beim Amtsgericht bereits ausgebucht. Der Unmut ist nicht auf das Kirchenvolk beschränkt. Immer mehr Priester kritisieren die Spitze der Erzdiözese. In einem Schreiben von 34 Pfarrern wird die „misslingende Missbrauchsaufarbeitung“ gebrandmarkt.

Die Reforminitiative Maria 2.0 im Rheinland hat in einem Brief an Papst Franziskus um eine Visitationsreise eines Vatikanvertreters gebeten, „damit Sie sich ein Bild von der Lage machen können“. Viele Gläubige wünschten sich ein moralisches Schuldeingeständnis der Amtsträger. Man frage sich, „warum es unseren Hirten so schwer fällt, ihr Gewissen zu befragen und glaubwürdige Schritte der Reue und Einsicht in ihr Verhalten zu zeigen.“ Elisabeth Zoll