Onstmettingen

Giftschlangenbiss mit Folgen

Schrecksekunde beim Spazierengehen: Bei Albstadt wird der dreijährige Jayden von einer Kreuzotter gebissen – und wenig später ohnmächtig. Dank rascher Hilfe geht es ihm wieder besser.

10.06.2021

Von JELENA MARJANOV

Bei der schwarzen Kreuzotter, auch „Höllenotter“ genannt, ist das typische Zickzackband nicht zu erkennen. Foto: © Holm94/shutterstock.com

Bei der schwarzen Kreuzotter, auch „Höllenotter“ genannt, ist das typische Zickzackband nicht zu erkennen. Foto: © Holm94/shutterstock.com

Onstmettingen. Am vergangenen Wochenende wurde der dreieinhalbjährige Jayden Lennox Moos beim Spaziergang auf dem Hohberg in Onstmettingen von einer giftigen schwarzen Kreuzotter in den Finger gebissen. Steven Moos, der Vater des Jungen, vermutet, dass sein Sohn, der gerne mit Stöcken spielt, die Schlange für ein Stöckchen hielt und sie aufgehoben habe. Durch den Biss in den rechten Mittelfinger des Jungen sei dessen Hand sofort angeschwollen, und die Familie setzte noch auf dem Heimweg einen Notruf ab.

„Als wir zu Hause ankamen, wurde Jayden ohnmächtig“, berichtet Vater Moos. „Zum Glück traf dann gleich der Rettungsdienst ein und alarmierte den Hubschrauber“, so Moos. Bis dieser eintraf, wurde das Kind im Krankenwagen stabilisiert. Mit dem Hubschrauber und einem kühlenden Umschlag auf dem Arm ging es dann in das Schwarzwald-Baar-Klinikum nach Villingen-Schwenningen.

Dort wurde zunächst überlegt, sogenannte Entlastungsschnitte zu setzen. Dabei hätte man den Handrücken an fünf verschiedenen Stellen eingeschnitten und den Nerv im Innenraum der Hand freigelegt. „Das hätte allerdings Schäden hinterlassen“, sagt Moos. Also wurde dem Jungen nach Absprache mit der Vergiftungs-Informations-Zentrale (VIZ) in Freiburg ein Gegengift verabreicht – zwei Mal jeweils ein Achtel der üblichen Dosis für Erwachsene.

Foto zur Bestätigung

Von da an ging es Jayden Lennox stündlich besser, und der Entlassungstermin wurde von Montag auf Sonntag vorverlegt. Mutter Anja Moos war während des gesamten Krankenhausaufenthalts zu Hause und kümmerte sich um die Geschwister des kleinen Jungen. Sie hatte auf dem Spaziergang glücklicherweise direkt nach dem Biss noch schnell ein Foto von der Schlange machen können, das zur Bestätigung der Schlangenart nach Freiburg ins Krankenhaus geschickt wurde.

Moos betont, dass es der Familie nicht darum gehe, die Natur zu „verteufeln“. Die Schlange habe nichts dafür können, das sei ihnen ganz wichtig zu erwähnen. Dennoch sei es wichtig andere Menschen für das Thema zu sensibilisieren.

Was Jaydens aktuellen Gesundheitszustand betrifft, sei er sehr zufrieden und lobt im Gespräch mit dieser Zeitung das Klinikpersonal und die Ärzte vor Ort: „Alle haben hervorragende Arbeit geleistet und waren spitze. Wir sind sehr dankbar.“ Neben dem regelmäßigen Kühlen der betroffenen Hand, müsse Jayden beim Spielen mit seinen Geschwistern etwas gebremst werden.

„Er darf den Arm momentan nicht allzu sehr belasten“, so Steven Moos. Am Dienstag stand der Kontrolltermin beim Kinderarzt an und einen Tag später ging es zur Nachuntersuchung wieder nach Villingen-Schwenningen. Oliver Kinder, leitender Oberarzt im Zollernalb-Klinikum in Balingen, teilt auf Nachfrage mit: „Im Zollernalbkreis kommt so etwas sehr selten vor. Ich bin seit Oktober 2014 wieder in Balingen tätig und mir ist bis dato kein Vorfall mit einem Schlangenbiss bekannt.“ Grundsätzlich sei es jedoch so, dass in solchen Fällen immer Kontakt mit der Giftnotrufzentrale in Freiburg oder München aufgenommen werde.

Gegenserum auf Vorrat

Uwe Stedtler, stellvertretender Leiter der Vergiftungs-Informations-Zentrale in Freiburg, erklärt, dass man im Gespräch mit den Medizinern vor Ort kläre, was passiert ist und wie es dem Betroffenen geht: „Dann geben wir Ratschläge zum weiteren Vorgehen, also Erste Hilfe, Überwachung sowie Therapieoptionen.“ Ein Gegenserum für europäische Vipern sei in verschiedenen Krankenhäusern oder Notfalldepots der Apotheken vorrätig.

Wie Stedtler weiter erläutert, können neurologische Beschwerden wie beispielsweise Lähmungen bei Bissen von Kreuzottern zwar vorkommen, sind bisher aber nicht in Deutschland beschrieben. Zudem seien lebensbedrohliche Vergiftungen durch einheimische Giftschlangen selten, schwere Verläufe aber dennoch möglich.

„Die letzten Todesfälle durch Kreuzottern wurden durch allergische Reaktionen verursacht. Circa zehn Prozent aller Personen, die auf Wespen oder Bienen allergisch sind, reagieren auch auf Kreuzottern“, so der Mediziner.

Ein immer mal wieder auftretendes Problem seien „Schlangen aus aller Welt“ in privaten Terrarien, erklärt Matthias Fellhauer, Direktor der Apotheke im Schwarzwald-Baar-Klinikum. „Da ist die Beschaffung von Antisera teilweise sehr aufwendig, weil man Zoos oder große Zentren wie München und Zürich kontaktieren muss. Das kommt aber selten vor – circa ein Mal in zehn Jahren“, sagt er. Die meisten Bisse im Freien würden sich in den Monaten Mai und Juni ereignen.

Der kleine Jayden Lennox Moos im Klinikum: Zunächst wurde angedacht „Entlastungsschnitte“ zu setzen  wenig später bekam er doch das Gegengift verabreicht. Foto: Steven Moos

Der kleine Jayden Lennox Moos im Klinikum: Zunächst wurde angedacht „Entlastungsschnitte“ zu setzen wenig später bekam er doch das Gegengift verabreicht. Foto: Steven Moos

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Erstellt:
10.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 04sec
zuletzt aktualisiert: 10.06.2021, 06:00 Uhr

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