Hochschulen

Geschlechtssensible Sprache an Unis

Bisher gibt es viele individuelle Lösungen. Gleichstellungsbeauftragte arbeiten an allgemeinen Empfehlungen.

19.08.2021

Von LSW

Konstanz/Mannheim. An den Hochschulen im Südwesten hält die geschlechtssensible Sprache Einzug. Bisher gibt es dafür keine gemeinsame Linie der Universitäten. Nach Auskunft der Landesrektorenkonferenz haben die neun Unis individuelle Lösungen. Aber das soll nun ein Ende haben. Die Gleichstellungsbeauftragten für alle Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Musikhochschulen wollen Empfehlungen formulieren, die im Herbst erscheinen werden.

„Wir wollen damit eine positive Haltung zur Förderung der Vielfalt verdeutlichen und alle Geschlechter integrieren“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Konstanz, Marion Woelki. Sie leitet die etwa 25-köpfige Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten, in der die Fachhochschulen nicht vertreten sind.

Ihre Kollegin an der Universität Stuttgart, Manuela Schlummer-Held, sieht im Sprachgebrauch ein Instrument, die Geschlechtergerechtigkeit voranzubringen. „Wir wollen alle Menschen sprachlich sichtbar machen“, sagt die Referentin für Gender Consulting und fügt hinzu: „Sprache beeinflusst das Denken.“ Das zeige sich etwa beim „generischen Maskulinum“ – wenn also Wörter wie „Bürger“ grammatisch männlich sind, aber Menschen jeden biologischen Geschlechts bezeichnen sollen. Schlummer-Held verweist auf Studien, die zeigen: Werden Menschen nach drei berühmten Wissenschaftlern gefragt, nennen sie nur Männer. Wird nach prominenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefragt, fallen den Befragten auch Frauen ein. Die Abkehr vom „generischen Maskulinum“ stößt eher bei Männern auf Unverständnis, hat Woelki beobachtet. Sie fänden die bisherige Ausdrucksweise praktischer und ästhetischer. „Aber es gibt durchaus auch Frauen, die das nicht für wichtig halten“, sagt Woelki.

Die Hochschulen sollen sich in ihrer Kommunikation an den Empfehlungen orientieren. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Studierenden sind die Vorschläge nicht verpflichtend.

Vielfalt beim Gendern

Der Chef des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim, Henning Lobin, spricht sich gegen einheitliche Regelungen für Akademiker aus: „Es gibt sehr unterschiedliche Fächer, Textarten und Zielgruppen für wissenschaftlichen Publikationen.“ Hinzu komme, dass Verlage und die Herausgeber von wissenschaftlichen Zeitschriften und Sammelbänden zuweilen eigene Regeln für gendergerechte Sprache aufstellten. Auf absehbare Zeit werde es eine Vielfalt beim Gendern geben.

Die Landeskonferenz will in ihren Empfehlungen Stellschrauben für inklusive Sprache vorstellen: geschlechtsneutrale Formulierungen und typographische Sonderzeichen. Letztere kommen immer dann zum Einsatz, wenn eine geschlechtsneutrale Formulierung nicht möglich ist oder geschlechtliche Vielfalt explizit benannt werden soll. Optionen sind das Gendersternchen (Kolleg*in), der Doppelpunkt (Professor:innen) und der Unterstrich (Einwohner_innen). In der gesprochenen Sprache kann der Effekt durch eine Pause im Wort erzielt werden. Julia Giertz