Nicht einmal Ü-40-Olympiasiegerin

Geschafft: Für Mountainbikerin Sabine Spitz ging es mit wundem Knie nur ums Ankommen

Wundes Knie, aber eiserner Wille: Mountainbikerin Sabine Spitz hat es in Rio auch bei ihren fünften und letzten Sommerspielen ins Ziel geschafft.

22.08.2016

Von WOLFGANG SCHEERER

Mit letztem Einsatz: Die Schwarzwälderin Sabine Spitz, Olympiasiegerin 2008 in Peking, landete in Rio abgeschlagen auf Rang 19. Foto: dpa

Mit letztem Einsatz: Die Schwarzwälderin Sabine Spitz, Olympiasiegerin 2008 in Peking, landete in Rio abgeschlagen auf Rang 19. Foto: dpa

Rio de Janeiro. Angeschlagen – abgeschlagen. Rückstand auf Siegerin Jenny Rissveds aus Schweden: neun Minuten, der 19. Rang, ihre schlechteste olympische Platzierung. Doch so kurz, in ein paar Stichworten, lässt sich Sabine Spitz' olympische Geschichte nicht beenden. Zu viel ist passiert. In Rio und davor: Neunte im Jahr 2000 in Sydney, Bronze 2004 in Athen, Gold 2008 in Peking, Silber 2012 in London. Das muss ihr erst jemand nachmachen. Eher nicht zur Nachahmung empfohlen: Dieses letzte Rennen zwischen Kampf und Qual, dessen Bedeutung nicht an der Platzierung zu messen ist, sondern an einer Zahl. Es ist und bleibt der fünfte olympische Auftritt dieser bemerkenswerten Mountainbikerin.

Nicht wenige würden bemerkenswert jetzt eher mit überehrgeizig, beratungsresistent oder sogar fahrlässig ersetzen. Trotz Entzündung und Eingriff am linken Knie ist die 44-Jährige gestartet. Wollte es unbedingt, obwohl die Ärzte den Kopf schüttelten. Doch wer schwierigste Hindernisse auf der Cross-Country-Strecke überwindet, härteste An- und Abstiege meistert, lässt sich so schnell nicht bremsen. Sabine Spitz lag nach der ersten von sechs Runden schon mit 1:40 Minuten hinten, aber sie kam nach fast 30 Kilometern an, abgekämpft, doch froh. „Ich bin durchgekommen, das ist ein versöhnlicher Abschluss für mich“, sagte die Südbadenerin. Und: „Es wäre natürlich vermessen gewesen, auf eine Medaille zu hoffen. Gehandicapt zu sein, war natürlich schon eine Enttäuschung.“ Sie habe vorher unterschreiben müssen, dass sie mögliche gesundheitliche Risiken selber trage. Erst zwei Tage vorm Rennen war klar, dass es irgendwie gehen würde. Wenige Stunden vor dem Start dann noch ein Facebook-Post: Sabine Spitz bei den letzten Rennvorbereitungen, ums Knie Mullbinden. Die Entzündungswerte hatten sich wesentlich verbessert. Sie wollte einen Abschied, wie er ihr zusteht: „Es ist, als ob du an einer roten Ampel stehst und hoffst, dass es endlich weitergeht“, sagte Sabine Spitz über Tage der Ungewissheit – und dann im Ziel: „Mir hat es sehr viel bedeutet, hier zu fahren.“

Vor knapp drei Wochen war die Profibikerin in Kanada gestürzt. Die 13fache deutsche Meisterin riss sich das Knie auf, das wenige Tage später anschwoll. „Es hat sich innerhalb weniger Stunden extrem verschlechtert“, beschrieb Ehemann und Trainer Ralf Schäuble die schockierende Entwicklung. Hastig wurde die Anreise nach Rio umgebucht und daheim dann bei einem Eingriff totes Gewebe auf der Kniescheibe entfernt. Das sollte die Heilung beschleunigen. Acht Tage Training haben danach gefehlt. Deshalb schnappte ihr die Norwegerin Gunn-Rita Dahle Felsjaa, 43, sogar den Ü-40-Olympiasieg weg. Sie wurde Zehnte und ließ auch die in Filderstadt geborene und in Südbaden aufgewachsene Helen Grobert, 23, um zwei Plätze hinter sich. Siegerin Rissveds ist übrigens 22. In ihrem Geburtsjahr fuhr Sabine Spitz ihr erstes Mountainbikerennen. Und nun in Rio noch nicht ihr letztes. Sicher ist allerdings: „In Tokio 2020 werde ich nicht mehr dabei sein.“

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Erstellt:
22.08.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 29sec
zuletzt aktualisiert: 22.08.2016, 06:00 Uhr

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