Gemma Bovery

Gemma Bovery

Ein Literaturfan imaginiert sich in der französischen Komödie seine neue Nachbarin zur Flaubert-Figur.

08.09.2014

Von Peter Ertle

12.09.2015 Jetzt im Kino: Seine Nachbarin ist die reinste Literatur - "Gemma Bovery"
01:20 min
Jetzt im Kino: Seine Nachbarin ist die reinste Literatur - "Gemma Bovery" --

Ein Pariser Ex-Lektor und Flaubert-Fan hat sich mit Frau und Sohn aufs Land zurückgezogen. Als im Nebenhaus ein jüngeres Paar einzieht, die Frau wunderhübsch und auch noch mit Namen Bovery, phantasiert er sie sich als moderne Mme Bovary zusammen, verliebt sich in sie, sieht ihr zu, wie sie ihren Mann mit einem Jüngeren betrügt und wird in einer Gemengelage aus Einbildung und Realität eifersüchtig-übergriffig. Könnte man daraus einen guten Film machen? Vielleicht. Dieser ist jedenfalls kein guter.

Für eine Komödie ist er zu humorlos, obwohl er sich am Ende zu ein paar Späßen aufschwingt, für eine leidenschaftliche Liebestragödie zu harmlos, obwohl es ja nicht gut ausgeht. Wahrscheinlich war das angestrebte Genre eine melancholische, zartdurchsonnt-verträumte Tragikomödie, im Ergebnis liegt man nun aber in einer Kreuzung aus einem mittelmäßigen Streifen der französischen Filmtage und Rosamunde-Pilcher. Die Ästhetik ist so warm und Fäden ziehend wie der sinnlich geknetete Brotteig, der allzu deutlich für den ersehnten Frauenkörper steht. Und das Ende ist vermutlich deswegen so haarsträubend, weil die Brotmetapher da unbedingt nochmal her musste.

Manchmal, wenn die Hauptfigur sich plötzlich als Regisseur des déjà-Vu-Geschehens erkennt, sieht man, was möglich gewesen wäre, hier aber verschenkt wird. Und wenn der verliebte Ex-Lektor der Angebeteten einen Wespenstich aussaugen darf, weiß man, welche Peinkomödie Woody Allen daraus geschlagen hätte. Oder welchen Schnittpunkt aus Flüchtigkeit und Hitze ein Film der Nouvelle Vague.

Aber vielleicht wollte Regisseurin Anne Fontaine ja auch bloß ein bisschen unterhalten, mit ein paar ländlichen savoir-vivre-Szenen, einer schönen Frau (Gemma Arterton), einem ausdrucksstarken Mimen des traurig-komödiantischen Fachs (Fabrice Luchini), einem Schuss doppelbödiger Intellektualität in Form des Flaubertmotivs und etwas Krimi. Dann hätte ja alles toll geklappt.

Frau Bovary, malerisch zwischen französischer Komödie und Frau Pilcher verklemmt.

Gemma Bovery

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Erstellt:
08.09.2014, 12:00 Uhr
Aktualisiert:
15.10.2014, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 56sec
zuletzt aktualisiert: 15.10.2014, 12:00 Uhr

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