Telekommunikation

Geld zurück bei lahmem Netz

Wer zu langsam surft, darf seine Provider-Gebühren vom 1. Dezember an selbst senken. Doch vor der Kürzung gilt es einiges zu beachten.

25.11.2021

Von Thomas Veitinger

Wer zu Hause nicht die mit dem Provider vereinbarte Internetleistung empfängt, kann sich wehren. Foto: Zacharie Scheurer/dpa

Wer zu Hause nicht die mit dem Provider vereinbarte Internetleistung empfängt, kann sich wehren. Foto: Zacharie Scheurer/dpa

Wer einen Leoparden bezahlt, aber eine Schnecke bekommt, sollte sich den 1. Dezember im Kalender rot ankreuzen: Hält die Internetgeschwindigkeit Zuhause am Computer oder unterwegs auf dem Handy nicht, was der Anbieter verspricht, lässt sich der Preis selbstständig mindern oder der Vertrag ohne Frist kündigen. Die Verbraucherschützer feiern die Novelle des Telekommunikationsgesetzes deshalb sogar als großen Tag für den Verbraucherschutz.

Jeder dritte Nutzer hat nach einer Umfrage wiederholt Probleme mit seiner Internetverbindung. Musste dem Provider bislang mit einer außerordentlichen Kündigung umständlich gedroht werden und endete dies bei Kürzung oder Nichtzahlen von Gebühren nicht selten bei einem Inkassounternehmen oder vor Gericht, dürfen Kunden nun selbst relativ gefahrlos Konsequenzen ziehen. Zwar liegt immer noch die Nachweispflicht für ein lahmes Internet beim Nutzer – aber diese ist einfach mit einem Programm der Bundesnetzagentur zu erbringen. Bislang ergaben sich aus den Messungen selbst nicht automatisch rechtliche Konsequenzen. Jetzt schon.

Beschwerden über zu langsames Internet sind in den Verbraucherzentralen nach eigenen Angaben an der Tagesordnung. Beim Vergleich von Messdaten der Bundesnetzagentur mit den Tarifen der Telekommunikationsanbieter und der Umrechnung auf zu viel gezahlte Gebühren kamen die Verbraucherschützer „teilweise auf beachtenswerte Summen“, fasst Kathrin Steinbach, Referentin im Team Marktbeobachtung Digitales, zusammen. Untersucht wurden die Angaben von Kunden der Breitband-Anbieter Telekom, Vodafone, 1&1 und Telefónica, die das Messtool der Bundesnetzagentur nutzten. Sie erhielten zum Teil weniger als 50 Prozent der vereinbarten Download-Geschwindigkeit und zahlten so jeden Monat zweistellige Beträge zu viel. Bei manchen Verbrauchern macht dies bis zu 360 Euro im Jahr aus.

Ist der Internetanschluss wesentlich langsamer als beworben, muss der Anbieter zunächst die Möglichkeit haben, die versprochene Internetleistung herzustellen – in der Regel innerhalb von 14 Tagen. Dazu ist eine Aufforderung per Einwurfeinschreiben nötig (Musterbriefe gibt es online hier: bit.ly/3oVEs9m). Ändert sich nach wiederholter Aufforderung nichts, kann laut Verbraucherschützer fristlos gekündigt, die Gebühr reduziert und Schadensersatz verlangen werden.

Um welchen Betrag Internetnutzer den Preis mindern können, lässt sich pauschal dagegen nur schwer festlegen, teilt das Internetportal Finanztip mit. „Nach unserer Einschätzung müssen Kunden, die nur 50 Prozent der versprochenen Leistung bekommen, auch nur die Hälfte des Preises an ihren Anbieter zahlen“, sagt Telekommunikations-Experte Arne Düsterhöft. „Wir empfehlen dennoch, vorerst die volle Rechnung unter Vorbehalt weiter zu zahlen.“ Denn sonst könnte der Anbieter das Internet einfach abdrehen, bis der Fall geklärt ist.

Bei Mobilfunkverbindungen ist der Nachweis schwieriger, weil die Geschwindigkeit immer auch von der Anzahl der Nutzer in einer Funkzelle abhängt. In einer vollen Konzerthalle dürfte die Verbindung immer schlechter sein als in einer Großstadt am Sonntagmorgen. Um das Internet daheim selbst zu beschleunigen ohne den Anbieter zu kontaktieren, empfehlen Experten Cookies zu löschen, die Treiber der Netzwerk- oder Wlan-Karte zu aktualisieren, den Router neu zu starten und bei kurzzeitig abgeschalteten Antivirenprogramm oder Firewall zu testen, ob diese das Internet ausbremsen.

Fällt das Internet komplett aus, gelten besondere Verbraucherrechte. Ab dem dritten Kalendertag nach Eingang der Störungsmeldung muss der Anbieter für den Ausfall zahlen oder seine monatlichen Gebühren kürzen. In jedem Fall muss das Problem „unverzüglich und unentgeltlich“ behoben werden.

Kommentar

Messen mit der

Desktop-App

Der Beweis eines lahmen Internets ist einfach. Dazu über eine Desktop-App der Bundesnetzagentur (www.breitbandmessung.de) an zwei Tagen je zehn Mal die Internetgeschwindigkeit messen und protokollieren. Dies sollte an einem Computer oder Laptop über Kabel geschehen. Parallel darf es keinen Datenverkehr geben. Eine „nicht-vertragskonforme Leistung“ liegt laut Bundesnetzagentur vor, wenn die vertraglich vereinbarte minimale Geschwindigkeit in 90 Prozent der Messungen nicht erreicht wird oder mindestens einmal nur 90 Prozent der zugesicherten Geschwindigkeit erreicht. vt

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Erstellt:
25.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 52sec
zuletzt aktualisiert: 25.11.2021, 06:00 Uhr

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