Eine hinreißende Isabelle Huppert in einem Kammerspiel um Macht und Integrität.

Geheime Staatsaffären

Eine hinreißende Isabelle Huppert in einem Kammerspiel um Macht und Integrität.

24.11.2015

Von Dorothee Hermann

Geheime Staatsaffären

Ein Mann, der sich kratzt, sitzt vor einer so klugen wie auffallend eleganten Frau: Richterin Jeanne Charmant-Killman (Isabelle Huppert) reduziert den Vorstandsvorsitzenden Humeau im Nu auf solche kleinen Schwächen, denn im Knast gibt es keine Medikamente gegen seine Hautkrankheit.

Es ist der Auftakt eines wichtigen Falles, bei dem es um gigantische Veruntreuungen in Staatsunternehmen geht. Jeanne, bei der Gegenseite auch als „Piranha? bekannt, schafft es bald, immer tiefer in die illegalen Verflechtungen einzudringen. Spätestens nach einem dilettantischen Mordanschlag kann sie den Fall nicht mehr von ihrem Privatleben trennen. In gewisser Weise teilt sie die versehrte Intimität Humeaus, denn fortan folgen zwei Leibwächter ihr bis in die Wohnung. Dort trauert ihr Mann darüber, wie sehr sie sich von ihrer Arbeit beanspruchen lässt.

Von Jeannes Ermittlungserfolgen erfährt man nur noch nebenbei, wenn jemand wie aus dem Off die letzte Zeitungsmeldung zitiert. Die direkten Gespräche mit den Verdächtigen aus den Chef-Etagen bleiben seltsam substanzlos. Auch wird, wer ins Visier der Justiz geraten ist, anscheinend schnell und geschmeidig ausgetauscht. Eine unabhängige Perspektive leistet sich allenfalls Jeannes blendend aussehender Neffe: „Du bist wie jeder andere?, sagt er ihr einmal, „du hast die Macht, die man dir zugesteht.?

Altmeister Chabrol hat sich von der Korruptionsaffäre um das Staatsunternehmen Elf-Aquitaine in den neunziger Jahren anregen lassen.