Reutlingen

Gedenken am „Zigeunerhäusle“: Deportation jährt sich zum 75. Mal

Am Donnerstag vor 75 Jahren änderte sich das Leben für die in Reutlingen lebenden Mitglieder der Sinti-Familie Reinhardt schlagartig: Am 15. März 1943 wurden sie in den frühen Morgenstunden von Polizisten aus dem Schlaf gerissen, verhaftet und nach Stuttgart deportiert. Von dort aus fuhr ein Zug ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Keiner der 14 Reinhardts überlebte den Holocaust.

16.03.2018

Von kk

Oberbürgermeisterin Barbara Bosch, Vertreter des Gemeinderats sowie Angehörige der Familie Reinhardt nahmen den traurigen Jahrestag zum Anlass, um an die rund 500000 Sinti und Roma zu erinnern, die in ganz Europa dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Bild: Haas

Oberbürgermeisterin Barbara Bosch, Vertreter des Gemeinderats sowie Angehörige der Familie Reinhardt nahmen den traurigen Jahrestag zum Anlass, um an die rund 500000 Sinti und Roma zu erinnern, die in ganz Europa dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Bild: Haas

Oberbürgermeisterin Barbara Bosch, Vertreter des Gemeinderats sowie Angehörige der Familie Reinhardt nahmen den traurigen Jahrestag zum Anlass, um an die rund 500000 Sinti und Roma zu erinnern, die in ganz Europa dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer fielen.

OB Bosch erinnerte an die ermordete Familie und legte einen Kranz vor ihrem ehemaligen Wohnhaus nieder. So lebten Anton und Katharine Reinhardt seit den 1920er-Jahren in der Stadt, seit 1926 dann im „Zigeunerhäusle“ am heutigen Busbahnhof. Der Vater handelte mit Stoffen und Geigen, die Mutter mit Spitze, die sechs Kinder gingen in Reutlingen in die Schule. Von ihnen überlebten nur die beiden ältesten Schwestern, da sie zum Deportations-Zeitpunkt bereits mit als „vorwiegend deutschblütig“ eingestuften Männern verheiratet waren. Auch die andere Reutlinger Familie von Johannes und Rosina Reinhardt wurde an diesem März-Morgen 1943 verschleppt. Weder sie noch ihre fünf Kinder überlebten die Lagerzeit.

OB Bosch verwies auf die traurige Tatsache, dass der Völkermord an den europäischen Sinti und Roma lange nicht anerkannt wurde. Erst in den 1990er-Jahren kam die Aufarbeitung ins Rollen. 2007 hatte die Stadt eine Gedenktafel am „Zigeunerhäusle“ angebracht, um neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung einen Ort der Erinnerung zu schaffen. Bosch erinnerte zudem an die „unrühmliche Rolle“ einiger Tübinger Wissenschaftler während des Holocausts.

Die Angehörigen der Reinhardt-Familie nahm die Gedenkstunde sichtlich mit. An der bedrückenden Stimmung änderte auch der Bus-Lärm nichts.

Zum Artikel

Erstellt:
16.03.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 44sec
zuletzt aktualisiert: 16.03.2018, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!