Klimaschutz

Gebühren, Stellplätze, Maut: Werden E-Autos bald massiv bevorzugt?

Geht es nach einem Gutachten, können Land und Kommunen mehr tun. Kostenloses Parken und Null-Emissionszonen für umweltfreundliche Fahzeuge sind nur zwei Vorschläge.

30.10.2021

Von Alfred Wiedemann

LKW-Maut auch auf Landstraßen und in den Städten? Für den Klimaschutz wäre das gut, sagen Experten. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

LKW-Maut auch auf Landstraßen und in den Städten? Für den Klimaschutz wäre das gut, sagen Experten. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Stuttgart. Parken Elektroautos in Baden-Württemberg bald überall kostenlos? Ein neues Gutachten über organisatorische und rechtliche Stellschrauben für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor schlägt das Gratis-Parken vor – befristet bis zum Jahr 2025.

Nicht der einzige konkrete Vorteil, den Nutzerinnen und Nutzer klimafreundlicher Fahrzeuge in Baden-Württemberg bekommen sollten. Die Gutachter und ein Expertenrat befürworten auch Null-Emissions-Zonen, Stadtgebiete, in denen schrittweise nach einigen Jahren nur noch elektrische oder anderen emissionsfreie Fahrzeuge erlaubt sind.

Beim Parken sollten Kommunen Gebühren für Verbrennerfahrzeuge „angemessen und kostendeckend“ gestalten, sprich: Es soll teurer werden als heute. Kostenfreies Parken für nicht klimaneutrale Fahrzeuge sollte abgeschafft werden, sagt der Expertenrat, der öffentliche Parkraum müsse verknappt werden, „um einen Anreiz zum Verzicht auf die Nutzung des eigenen Kfz zu schaffen“.

Die Stellplatzverpflichtung für jede Wohnung in der Landesbauordnung gehöre weg. Zudem sollte die Zulässigkeit von nach Einkommen gestaffelten Parkgebühren und Bußgeldern für Falschparken geprüft werden. Beim Anwohnerparken wird eine Mindestparkgebühr vorgeschlagen.

Mit intelligenter Verkehrssteuerung an den Ampeln soll Bus-, Rad- und Fußverkehr Vorrang gegeben werden. „Das vorliegende Gutachten zeigt uns, dass Land und Kommune noch mehr machen können – und auch müssen. Vorgeschlagen wird für Lkw eine Maut auf Landstraßen und eine City-Maut schon für 3,5-Tonner. Die City-Maut sollte das Land mit „umsetzungswilligen Städten“ zuerst in einer Pilotphase getestet werden.

Das 300-seitige Rechtsgutachten zu „Handlungsmöglichkeiten des Landes für mehr Klimaschutz im Verkehr auf Landes- und Kommunalebene“ wurde in zwei Jahren Arbeit von einer deutsch-österreichischen Gutachtergruppe erstellt und von einem Expertenrat bewertet. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat es am Freitag in Stuttgart vorgestellt.

„Bislang leistet der Verkehrssektor weder auf nationaler noch auf Landesebene seinen Beitrag zum Klimaschutz. Der Koalitionsvertrag ist die Grundlage, dies zu ändern“, so Hermann. „Das vorliegende Gutachten zeigt uns, dass Land und Kommune noch mehr machen können – und auch müssen.“ Der Expertenrat empfiehlt dem Land auch, für eine intelligente Verkehrssteuerung initiativ zu werden und Modellprojekte, Leitfäden und Handlungsanweisungen für die Kommunen zu erarbeiten. Ziel dabei: das Instrument Zuflussdosierung stärker zu nutzen.

Die gesetzlich vorgesehenen Klimamobilitätspläne zur Planung von klimafreundlichem Verkehr in den Städten sollten „über Gemeindegrenzen hinweg geplant und umgesetzt“ werden, sagt der Expertenrat.

Bei den Verkehrsverbünden wird zur „konsequenten Vereinfachung und Zusammenführung“ geraten. Die bestehenden 21 Verkehrsverbünde mit unterschiedlichen Tarifzonen, Preisen und Zuständigkeiten erschwerten die Nutzung des öffentlichen Verkehrs, heißt es.

Baden-Württemberg, erinnern die Experten, habe sich zu Verringerung des CO2-Ausstoßes verpflichtet. Bis 2050 soll eine weitgehende Klimaneutralität erreicht werden. Rund 34 Prozent der Treibhausgase kommen aus dem Verkehrssektor, vor allem aus dem Straßenverkehr. Das, was das Land bisher plane, reiche nicht aus, um dieses Klimaschutzziel zu schaffen.

Klimaschutz per Gesetz

Seit 2013 hat Baden-Württemberg ein Klimaschutzgesetz. Erst Anfang Oktober wurde es novelliert. Nach dem Gesetz ist der Treibhausgasausstoß des Landes bis 2030 im Vergleich zu den Gesamtemissionen von 1990 um mindestens 65 Prozent zu senken. Bis 2040 soll über eine schrittweise Minderung Netto-Treibhausgasneutralität („Klimaneutralität“) erreicht sein.