Kommentar · Rottenburger Marktplatz

Ganz früh und offensiv beraten

Es ist zum Haare-Raufen und doch so alltäglich, was da rund um den Rottenburger Marktbrunnen abgeht. Öffentlicher Raum kann so attraktiv sein, dass manche Leute nicht genug davon bekommen.

13.08.2016

Von Gert Fleischer

Grauer Himmel am Ferien-Freitag, da war relativ wenig Betrieb auf dem Rottenburger Marktplatz. Das Spielmobil hatte fast mehr Betreuer als Kinder. So wie sich die Tische und Stühle nach dem Eingriff des Ordnungsamts verteilen, ist auch das Lederwarengeschäft Reudanik wieder besser zugänglich und zu sehen. Bild: Fleischer

Grauer Himmel am Ferien-Freitag, da war relativ wenig Betrieb auf dem Rottenburger Marktplatz. Das Spielmobil hatte fast mehr Betreuer als Kinder. So wie sich die Tische und Stühle nach dem Eingriff des Ordnungsamts verteilen, ist auch das Lederwarengeschäft Reudanik wieder besser zugänglich und zu sehen. Bild: Fleischer

Doch öffentlicher Raum muss auch geschützt werden, wenn er attraktiv bleiben soll. Der Windfang mit Zwischenlager und hermetisch wirkender Bepflanzung, den das „Maximus“ direkt an der Domwand (wohl vom Vorgänger übernommen) hat, ist unwürdig für dieses Eck. Dort wird eine ohnehin enge Passage auf dem Marktplatz in zwei Fast-Sackgassen verwandelt. Diese Situation am bedeutendsten Platz Rottenburgs hätte nie entstehen dürfen. Da muss eine Stadt besser aufpassen, selbst wenn sie einem Gewerbetreibenden eine Existenz in einem viel zu kleinen Lokal ermöglichen wollte.

Die langsam zerfleddernden Stühle des „Maximus“ sind auch keine Zier. Wer sich beklagt, dass er 2000 Euro Vergnügungssteuer im Monat zahlen muss, dem bleiben zugleich 3000 Euro Cash aus den Spielautomaten. Dafür kann er sein Ambiente ab und auffrischen. Das gebietet eine solche Lage.

Das im Sommer erfolgsverwöhnte „Rino“ könnte mit einem kleinen Zusatz auf seinem Schild, bei Mitnahme-Eis keine Tische zu besetzen, zu besserer Nachbarschaft beitragen: einfach das „Maximus“ in diese Bitte einschließen. Schon bekämen Kunden einen besseren Eindruck von dieser Nachbarschaft.

Satzungen und Anordnungen reichen nicht immer, um harmonisches Zusammenleben zu garantieren. Es wäre sinnvoll, die Stadt hätte jemanden, der all jene Leute, die öffentlichen Raum in Anspruch nehmen oder mehr als gewöhnlich auf ihn einwirken, zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufsucht und berät. Möglichst schon, bevor die Betroffenen etwas bestellt, gekauft oder baulich hergestellt haben. Das betrifft beispielsweise auch die Werbeanlagen von Geschäften. So ein/e Berater/in wird umso nötiger, je mehr Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund hier leben und arbeiten. Dieser Mensch müsste nicht nur die nötige Fachkenntnis haben, sondern ganz besonders mediatorische Fähigkeiten. Alle Rechthabereien wird er nicht verhindern, aber vielleicht eine ganze Menge.