Standort Reutlingen

Galeria Karstadt Kaufhof schließt zum 31. Januar 2024

Am 31. Januar 2024 wird die Reutlinger Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof aufgegeben. 74 Beschäftigte sind betroffen. OB Thomas Keck bedauert die Entscheidung.

13.03.2023

Von Thomas de Marco

Ganz in der Nähe des Reutlinger Hauptbahnhofs liegt die Filiale der Galeria Karstadt Kaufhof. Bild: Horst Haas

Ganz in der Nähe des Reutlinger Hauptbahnhofs liegt die Filiale der Galeria Karstadt Kaufhof. Bild: Horst Haas

Was sich seit Wochen angedeutet hat, ist nun amtlich: Die Reutlinger Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof gehört zu den 52 Standorten, die der angeschlagene Konzern schließt. Am 31. Januar 2024 ist Schluss in dem Traditionskaufhaus gegenüber dem Hauptbahnhof, betroffen sind 74 Beschäftigte. Damit gehört Reutlingen zu den 6 der 18 Kaufhof-Standorte in Baden-Württemberg, die aufgegeben werden.

Offenbar gehörte die Reutlinger Filiale bereits vor der Corona-Pandemie nicht zu den wirtschaftlich stärksten Häusern, heißt es in Reutlingen. Die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollen laut Konzern das Angebot erhalten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Diese solle ihnen dabei helfen, sich weiterzuqualifizieren und neue Stellen zu finden.

„Das ist bedauerlich und ein Verlust für den Einkaufsstandort Reutlingen und die gesamte Region“, sagte Christian Wittel, der Vorsitzende der Händlervereinigung RT-aktiv, auf TAGBLATT-Nachfrage. Das Kaufhaus habe ein großes Einzugsgebiet über Reutlingen hinaus. Überraschend komme die Entscheidung aber nicht, „seit Wochen hat es nur negative Vorzeichen und nichts Konstruktives für die Reutlinger Filiale gegeben“.

Hinter verschlossenen Türen habe die Wirtschaftsförderung der Stadt schon geraume Zeit mit dem Vermieter des Gebäudes verhandelt. „Ich bin mir sicher, dass wir eine gute Lösung für Reutlingen finden werden. Es muss ja kein Kaufhaus dieser Größe mehr sein, denn das ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Wittel weiter. Ein kleineres Storekonzept sei aus seiner Sicht für Galeria Kaufhof in Reutlingen durchaus denkbar.

OB Keck bedauert die Schließung

Mit großem Bedauern hat Reutlingens OB Thomas Keck die Ankündigung der Schließung aufgenommen: „Das ist ein schwerer Schlag für die Stadt und die Kaufhof-Beschäftigten. Diese haben in den vergangenen Jahren einen großen persönlichen Beitrag geleistet, um den Standort trotz wirtschaftlicher Probleme des Konzerns zu erhalten.“ Nun scheine das alles vergeblich gewesen zu sein.

Das Unternehmen sei in der Pflicht, alles zu tun, um den Beschäftigten eine Perspektive zu bieten, fordert der OB. Reutlingen verliere in exponierter Lage zwischen Hauptbahnhof und Fußgängerzone einen wichtigen Einzelhandels-Magneten. „Seit Bekanntwerden der erneuten Probleme Ende Oktober sind wir in intensivem Kontakt mit der Konzern-Zentrale in Essen, der Filialleitung und dem Betriebsrat hier am Standort sowie dem Eigentümer der Immobilie“, sagt Keck. Die Immobilie soll nach TAGBLATT-Informationen der Investment-Gesellschaft Apollo Global Management mit Hauptsitz in New York gehören.

Es seien zahlreiche Gespräche geführt worden, um Teile der Verkaufsflächen separat nutzen zu können und Nutzer für diese Teilflächen zu gewinnen. „Aber leider ist es trotz aller Bemühungen nicht gelungen, die Standortschließung zu verhindern. Wir bedauern die Entscheidung sehr und werden nun unverzüglich mit allen Akteuren gemeinsam überlegen, wie den Auswirkungen begegnet werden kann“, so der OB. Der exponierte Standort in der Karlstraße müsse als Magnet für die Innenstadt erhalten werden.

„Die Schließung ist für Reutlingen ein Schlag, weil damit ein wichtiger Anker des innerstädtischen Handels verloren geht“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp. Gleichzeitig müsse der Blick nach vorn gerichtet werden: „Es handelt sich um eine große Fläche in guter Lage, die sich auch weiterhin für Handels- und Dienstleistungsnutzung aufdrängt. Der Blick in andere Großstädte, die schon vor Jahren den Verlust ihrer Kaufhäuser zu beklagen hatten, zeigt, dass neue Konzepte möglich sind.“

Verdi: „Schließungspläne auf keinen Fall hinnehmen!“

Total überrascht reagiert Benjamin Stein von der Dienstleistungsgesellschaft Verdi auf die Nachricht, dass mit Reutlingen und Esslingen gleich zwei Kaufhaus-Standorte im Bezirk Fils-Neckar-Alb von der Schließung betroffen sind. „Das ist dramatisch, wie unverantwortlich man mit den Beschäftigten umgeht“, kritisiert der Gewerkschafts-Bezirkschef. Eine Begründung dafür kenne er nicht. „Hunderte Millionen Euro vom Staat sind in dieses Unternehmen gepumpt worden, die Beschäftigten haben für die Rettung ihrer Arbeitsplätze in den vergangenen Jahren auf Gehalt verzichtet. Und nun wählt René Benko als Verantwortlicher die einfache Lösung und schließt 52 Filialen“, sagt Stein. Er lobt dabei die Stadt Reutlingen, die im Kampf um den Standort alles versucht habe. Nun werde die Gewerkschaft Verdi mit den Betroffenen überlegen, wie sie am besten Widerstand gegen die Pläne leisten könnten, kündigt Stein an. Martin Gross, Verdi-Landesbezirksleiter Baden-Württemberg, ergänzt: „Wir alle, von Politik über Gesellschaft bis zur Gewerkschaft, dürfen diese Schließungspläne auf keinen Fall hinnehmen!“ Dass sich am Ende ein verantwortungsloser Milliardär und Immobilienspekulant einen schlanken Fuß mache, sei ein Skandal, so Gross.