Mit Engelszungen

Fußbad als Urlaubsparadies

16.08.2016

Von Maik Wilke

Auf Facebook, Twitter und Instagram posten die Stars der weit entfernten Glamour-Welt täglich Bilder aus ihrem Urlaub an palmengesäumten Sandstränden. Die Promis tanzen auf ihren Yachten zu den Sommerhits der Saison und schlürfen Bahama Mamas an der Pool-Bar. Schön anzuschauen ist das allemal – schließlich hat man sich schon lange daran gewöhnt, dass das eigene Leben doch kaum mit dem der Sternchen wie Heidi Klum oder Sylvie Meis vergleichbar ist. Da ich aber erst im September zwei freie Wochen habe, müssen die auf meine Anwesenheit verzichten. Sie werden es verkraften. Doch wie verbringe ich die wenigen Sommertage in Reutlingen, die ihrem Namen wirklich gerecht werden?

Die erste Adresse für den heimischen Urlaub ist: Balkonien. Aber ohne Mörtel und Baugenehmigung ist dieses Reiseziel für mich als Erdgeschossbewohner reine Illusion. Die grüne Wiese des heimischen Gartens ist vom Auto des Nachbarn zugeparkt und scheidet als Mini-Oase ebenfalls aus. Also geht’s mit Flip-Flops an den Füßen und mit Handtuch unterm Arm hoch in die Pomologie. Das Gras kitzelt angenehm an den Fersen, eine leichte Bö streichelt das kurgeschorene Haar. Fast kommt ein Gefühl von Entspannung auf. Doch tobende und kreischende Kinder vom Spielplatz stören mein Idyll. Der Lärmpegel nimmt rasant zu, als auch noch die Stadtwerke mit einem Putzmobil die Wege im Park säubern.

Nächster Versuch: Schwimmbad Markwasen. In der Schlange drängeln sich Teenies an mir vorbei, Vorschulkinder spritzen mit ihren Wasserpistolen. Aber, nicht aufregen. Stoische Kontrolle ist gefragt. Schließlich möchte ich mich entspannen. Als mir dann aber so ein junger Rebell beim Umdrehen seine Luftmatratze ins Gesicht schlägt, ist meine Geduld erschöpft. Noch vor dem Drehkreuz mache ich kehrt. So gerne ich in Zick-Zack-Bahnen um brustschwimmende Rentner gekrault wäre, meine Erholung finde ich auch im Freibad nicht.

Es scheint, als hätten die Promis einfach Recht. Wirklich abschalten kann man nur im privaten Urlaubsparadies – es muss ja nicht gleich der Katamaran im Hafen von Honolulu sein. Mir reichen die eigenen vier Wände. „Ice Age“ in den DVD-Player geschoben, runter gelassene Rollos spenden Schatten. Die Zehen ins mit Eiswürfeln auf 7 Grad abgekühlte Fußbad getaucht und die Gartenliege im Zimmer aufgeklappt. Der 10-Liter-Eimer mit Crash-Eis gefüllt und mit Bierflaschen besetzt ersetzt die Pool-Bar der Luxushotels. So lässt es sich aushalten.

Und liebe Heidi, liebe Sylvie: Freut euch schon mal auf September, dann schicke ich euch meine Urlaubsbilder. Nicht aus Jamaika oder Mallorca. Aber vielleicht gönne ich mir einen Ausflug über die Premium-Wanderwege rund um Bad Urach und tanze mit den ersten fallenden Blättern im Biosphärengebiet. Da wart ihr bestimmt noch nie!