VfB beendet in Aalen erste Rundtour zum Projekt Vereins-Entwicklung

Furchtlos und selbstkritisch

Mit dem Projekt "Vereins-Entwicklung VfB" geben sich die Macher des Traditionsvereins um Präsident Bernd Wahler selbstkritisch. In elf Regionaltreffen stellten sie sich ihren Mitgliedern und Anhängern.

05.02.2016

Von ALEXANDER HAAG

Bernd Wahler (links), der Präsident des VfB, und der ehemalige Erfolgstrainer Jürgen Sundermann warben in Aalen um die Gunst der Anhänger. Foto: VfB

Bernd Wahler (links), der Präsident des VfB, und der ehemalige Erfolgstrainer Jürgen Sundermann warben in Aalen um die Gunst der Anhänger. Foto: VfB

Aalen. Die VfB-Oberen mischen sich unters Fußvolk. Die elfte Regionalversammlung in Aalen war die vorerst letzte, in der die Stuttgarter ihren Fans das Projekt "Vereins-Entwicklung VfB" vorstellten. Es ist eine bundesweit einmalige Aktion, in der auch für die Ausgliederung der Profiabteilung in eine Tochter-AG bei der Mitgliederversammlung am 17. Juli geworben wird. Und die Anhänger sollen nicht nur zuhören. Im Gegenteil. Sie sollen mitmachen. Kritisieren. Ideen einbringen. Und mitbestimmen. Über 120 VfBler sind nach Aalen gekommen. Rund 3500 waren es bei den insgesamt elf Treffen in der Region.

Es war in den zuletzt sportlich schwierigen Zeiten kein einfacher Gang für Präsident Bernd Wahler, Finanzvorstand Stefan Heim und Projektleiter Rainer Mutschler, die das freiwillig machen und den einstigen VfB-Aufstiegstrainer Jürgen Sundermann zur Verstärkung mit nach Aalen brachten. "Nach Jahren des Nicht-Erfolgs ist natürlich Skepsis bei den Fans da", sagte Wahler, der die Situation keineswegs schönreden wollte. "Der VfB hat an Wettbewerbsfähigkeit verloren, und auch die Vorrunde jetzt war sehr unbefriedigend", sagte der Präsident und fügte hinzu: "Unser Auftrag ist es, den VfB zukunftsfähig zu machen."

Zu Beginn der Regionalversammlungen präsentierten die Vorstände das Ergebnis einer Situationsanalyse. Knapp 4400 VfB-Anhänger machten bei einer Online-Umfrage mit. Außerdem wurden von einer unabhängigen Agentur weitere 139 Einzelinterviews geführt. Darin wurde beispielsweise die sportliche Vereinspolitik mit der Note 3,8 bewertet. Über 80 Prozent wünschen sich mehr öffentliche Präsenz von Wahler. Gar alarmierend: Über ein Drittel der Befragten haben keinerlei Vertrauen in die Vereinsführung. "Das Ergebnis ist alles andere als erfreulich", sagte Wahler, der aber auch zugibt, dass es "nicht überraschend ist".

Schonungslos waren die Anhänger auch bei der elften Regionalversammlung in Aalen. In Gruppen wurden Fragen erarbeitet, denen sich Wahler und Finanzvorstand Heim stellten. Bei der Frage nach den finanziellen Altlasten des Vereins wollte der Präsident zwar keine Zahlen nennen. Aber: "Uns wird oft vorgeworfen, wie wir Trainer Alexander Zorniger mit einem Dreijahresvertrag ausstatten konnten." Dieser beinhalte auch eine vorzeitige Trennung, und "es heißt nicht automatisch, dass wir ihn noch drei Jahre bezahlen müssen".

Ein zentrales Thema bei den Fans ist die geplante Ausgliederung der Profiabteilung. Mindestens 24,9 Prozent der Stimmrechte will der Klub für mindestens 50 Millionen Euro verkaufen. Wofür das zusätzliche Geld verwendet werde, wollten die Anhänger wissen. "Von dem generierten Geld fließen 40 Prozent direkt in den Sport", antwortete Wahler. Er sprach von dem klaren Leitbild, "mit der Kraft der eigenen Jugend international spielen zu wollen". Wohl wissend, dass "das nicht über Nacht passiert".

Das Geld soll in die Infrastruktur fließen. Es soll aber auch verhindert werden, dass gut ausgebildete Spieler wie jüngst Joshua Kimmich den Verein vorschnell verlassen. Eine große Sorge der Mitglieder: dass sie durch die Ausgliederung an Einfluss verlieren könnten. Wahler versicherte sogar, dass "wir bestrebt sind, den Einfluss der Mitglieder sogar zu vergrößern". Denn: "In der AG bleibt der Verein der maßgebliche Teil."

Die Note 3,8 für die sportliche Kompetenz beim VfB empfindet Wahler als treffend. "In der Schule bedeutet das versetzt. In der Tabelle also Platz 14 oder 15. Damit stimme ich der Note voll zu." Auf die Frage, welche Note der Vorstand anstrebe, antwortete der Präsident, dass "wir eine kontinuierliche Verbesserung wollen, aber nicht erwarten können, dass bald die Note 2,0 steht".

Schließlich musste Bernd Wahler doch noch Eigenwerbung betreiben. "Warum ist die jetzige Führung die richtige?" Der Präsident verwies zunächst auf die Vergangenheit, als "der Verein gezeigt hat, dass er nicht richtig mit Geld umgehen kann". Wahler will aber nur das bewertet wissen, was im vergangenen Jahr passiert ist. Mit den Neuzugängen Serey Dié, Emiliano Insua, Lukas Rupp und auch Torhüter Przemyslaw Tyton habe der VfB gute Treffer gelandet. "Ich hoffe, dass dadurch das Vertrauen langsam zurückkommt." Auch die eingeschlagene Spielkonzeption sei nicht falsch. Die ließe sich auch anders interpretieren. "Es kommt auf die Interpretation durch den Trainer an."

Die Ergebnisse der elf Regionalversammlungen werden nun gesammelt am 28. Februar in der sogenannten "Zukunfts-Werkstatt" verarbeitet. Es folgen dann im April die nächsten elf Regionalversammlungen, in denen diese Resultate vorgestellt werden.

Bei den Fans kommt das Projekt "Vereins-Entwicklung VfB" jedenfalls an. "So eine Plattform hat bislang gefehlt, in der man sich in kleinen Gruppen traut, etwas zu sagen. In denen der Präsident mit den Fans diskutiert", sagte Mitglied und Dauerkartenbesitzer Axel Hettmer aus Essingen. Die Anhänger des zuletzt arg gebeutelten VfB Stuttgart stehen bei dem Treffen in Aalen mehrheitlich hinter ihrem Verein.

Oder wie ein anderer sagte: "Du kannst dich scheiden lassen oder die Religion wechseln - den Brustring behältst du ein Leben lang."

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Erstellt:
05.02.2016, 08:35 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 25sec
zuletzt aktualisiert: 05.02.2016, 08:35 Uhr

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